Kennen Sie das auch? Das Telefon steht nicht still, auf der Baustelle geht es nicht voran, gleich zwei Leute haben sich krankgemeldet und jetzt hat auch noch die Berufsgenossenschaft ihren Besuch angekündigt. Alles auf einmal. Wie soll ich das nur schaffen?
Gerade in kleineren Betrieben laufen viele Dinge bei einer Person zusammen. Ralf Bedzek ist als Aufsichtsperson der BG ETEM im Raum Berlin unterwegs. Er kennt die betriebliche Praxis. Dazu gehört, dass Unternehmerinnen und Unternehmer in kleinen Betrieben den Arbeitsschutz in der Regel nicht delegieren. Das bleibt im Alltagsstress dann oft auf der Strecke.
„Gesundheit und Unversehrtheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen immer vor.“
Paul Kunick, Geschäftsführer HygieneOederan Produktionsgesellschaft
Stress macht krank
Die Erfahrung zeigt: Sind Chefin oder Chef gestresst, überträgt sich das häufig auch auf die Beschäftigten. Mögliche Folgen sind Qualitätsmängel und unzufriedene Kunden. Frust und Stress können langfristig auch die Gesundheit der Beschäftigten beeinträchtigen und sogar die Gefahr von Arbeitsunfällen erhöhen. Dagegen kann man etwas tun, sagt Dr. Christine Gericke, die bei der BG ETEM versicherte Betriebe zum Thema Stress berät.
Ein erster Schritt zum Erfolg ist ein besseres Zeitmanagement. Vordergründig geht es dabei um Selbstoptimierung, eine höhere Arbeitseffektivität und damit um Gewinnsteigerung. Gleichzeitig sorgt ein gelungenes Zeitmanagement aber vor allem dafür, dass Unternehmensleitung und die Beschäftigten weniger Stress erleben und zufriedener bei der Arbeit sind.
Das hat auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) erkannt. Sie bietet Unterrichtseinheiten zum Thema Zeitmanagement bereits für berufsbildende Schulen an. Der Nachwuchs soll frühzeitig dafür sensibilisiert werden, wie sich mit den richtigen Methoden und einer guten Arbeitseinteilung Zeit und Nerven sparen lassen.
Viele Wege – ein Ziel
Doch welche Methode ist die passende? Das muss jeder für sich selbst herausfinden, sagt Christine Gericke. Es gibt eine ganze Reihe von Ansätzen mit klangvollen Namen. Sie unterscheiden sich teilweise, haben aber eines gemeinsam: Es geht darum, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, um so schneller und entspannter ans Ziel zu kommen.
Hier eine kleine Auswahl:
- Eisenhower-Matrix: Der Klassiker, benannt nach dem früheren US-Präsidenten. Aufgaben werden nach Termindruck und Bedeutung in vier Kategorien eingeordnet. Was zugleich dringend und wichtig ist, wird sofort erledigt. Was weder zeitkritisch noch wichtig erscheint, landet im Papierkorb.
- Alpen-Methode: Der Name besteht aus den Anfangsbuchstaben der einzelnen Planungsschritte: Aufgaben aufschreiben, Länge (Zeitaufwand) einschätzen, Pufferzeit einplanen, Entscheidungen überprüfen, Nachkontrolle am Ende des Tages. Mit einiger Disziplin lernt man so, Zeitaufwände besser einzuschätzen.
- Pareto-Prinzip: Danach lassen sich 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent Aufwand erzielen. Die Frage ist also, was mit möglichst geringem Aufwand realisiert möglichst viel zum Ergebnis beiträgt. Kritiker bemängeln, dass die Qualität leiden könnte.
- Pomodoro-Technik: Dabei geht um Zeiteinteilung. Das Prinzip: Häufige Pausen erhöhen die Produktivität. Der Vorschlag: Einheiten von 25 Minuten Arbeit und fünf Minuten Pause. Das kann natürlich individuell angepasst werden.
- ABC -Analyse: Wie bei Eisenhower teilt man Aufgaben ein. A = wichtig, B = relativ wichtig und C = Routine entscheiden darüber, wann etwas erledigt wird. Dabei soll man 60 75 % seiner Zeit für A-Aufgaben, 10 25 % für B-Aufgaben und nur 5 15 % für den Routinekram nutzen.
Es gibt weitere Ansätze, die helfen sollen, Prioritäten zu setzen. Dazu gehört in jedem Fall der Arbeitsschutz, erklärt Christine Gericke. Was nach mehr Aufwand aussieht, kann eine Menge Ärger und Arbeit ersparen. Und nebenbei sei es ganz wichtig, sich auch mal zu entspannen. Denn Pausen strukturieren den Tag und helfen, sich besser konzentrieren zu können.
Interview
Lieber agieren und planen als reagieren
Wie unterscheiden Sie Wichtiges von Unwichtigem?
Bei uns stehen Kundenanforderungen im Mittelpunkt, sie bestimmen die Arbeitsabläufe. Priorität haben natürlich termingebundene Projekte, anderes mit mehr Zeit läuft entsprechend der Kapazitäten nebenher. Ein wichtiges Thema sind Rohstofflieferungen. Die Corona-Krise hat gezeigt, wie sehr der reibungslose Ablauf parallel laufender Prozesse von funktionierenden Lieferketten abhängt. Die sind zum Teil weggebrochen, was uns vor große Herausforderungen gestellt hat.
Warum sollte ich den Arbeitsschutz ganz oben auf meine Liste setzen?
Gesundheit und Unversehrtheit der Mitarbeiter gehen immer vor. Arbeitsschutz hat immer eine höhere Priorität als alles andere. Es gehört zu unserer Philosophie, eventuelle Missstände sofort zu beseitigen. Inzwischen sind wir auf einem so guten Stand, dass alle ganz automatisch darauf achten, die Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten.
Hand aufs Herz: Klappt das bei Ihnen immer optimal?
Na ja, natürlich nicht ganz. Aber es ist noch nie etwas angebrannt. Ich habe jedoch gelernt, dass man manchmal sehr viel mehr Energie in eine Sache stecken muss, wenn sie nicht gut vorbereitet ist. Etwas ad hoc noch schnell durchzuziehen, was vorher besser geplant hätte sein können, ist viel aufwendiger. Daher halte ich mich daran: Lieber agieren statt reagieren.
Das gilt übrigens auch für mein Privatleben. Ich habe eine vollberufstätige Frau und drei Kinder, da ist gutes Zeitmanagement ein Muss. Denn wenn ich im Job etwas nicht gut geplant habe und deswegen länger arbeiten muss, leidet letztlich die Familie darunter.
Die 3 größten Zeitfresser
Was kostet am meisten Zeit und bringt am wenigsten? Zahlreiche Umfragen wollen Antworten finden. Die Zahlen variieren, doch die Favoriten sind oft dieselben.
1. E-Mails
Der Stau auf der Datenautobahn endet vor dem Bildschirm. Je nach Umfrage gibt ein Drittel bis zur Hälfte an, jeden Tag ein bis zwei Stunden Mails zu checken. Bei anderen kostet es noch mehr Zeit, Spam, Werbung und Kundenanfragen zu sortieren. Tipp: Mails morgens lesen und dann erst wieder am Nachmittag. Mailalarm ausschalten.
2. Smartphone
Katzenvideos, Breaking News oder Fußballergebnisse. Ein Blick aufs Handy genügt. 80 Prozent geben an, bis zu zwei Stunden am Tag zu surfen. Dazu gehen bei zehn Prozent ein bis zwei Stunden für Facebook, Instagram oder Twitter drauf. Bei weiteren zehn Prozent sogar mehr.
3. Aufschieberitis
„Was du heute kannst besorgen, …“
Klappt nur leider nicht immer. Nur jeder Zehnte schafft es, Aufgaben sofort anzugehen. Jeder Fünfte verschiebt Dinge auf später. Und das rächt sich spätestens, wenn wieder neue Jobs dazukommen. Eine gute Arbeitsorganisation kann helfen.
1. Prioritäten setzen | |
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2. Aufgaben strukturieren | |
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3. Unterbrechungen vermeiden | |
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4. Pausen einplanen | |
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5. Übersicht behalten | |
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→ Seminare
Die BG ETEM bietet eine Reihe von Seminaren, die Themen wie stressfreies Arbeiten und Zeitmanagement beinhalten. Die Seminardatenbank bietet Ihnen dazu eine Suchfunktion. www.bgetem.de, Webcode 21788705
→ Beratung
Dr. Christine Gericke ist Arbeitspsychologin bei der BG ETEM. Sie berät u. a. zu den Themen Stress und Stressbewältigung.
Kontakt: gericke.christine@bgetem.de
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