Muskel-Skelett-Belastungen sind in vielen Betrieben nicht zu vermeiden. Die Gefährdungsbeurteilung soll helfen, Belastungen so zu reduzieren, dass Erkrankungen auch nach langjähriger Tätigkeit nicht auftreten.

Muskel-Skelett-Belastungen können bei vielen Beschäftigungen auftreten. Mithilfe einer Gefährdungsbeurteilung lassen sich Belastungen so reduzieren, dass  daraus auch bei langjähriger Tätigkeit keine Erkrankungen entstehen.

Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenverspannungen und Gelenkschmerzen sind die häufigsten Ursachen für Krankheitstage. Das zeigen Zahlen der gesetzlichen Krankenkassen. Zudem nimmt die durchschnittliche Dauer der Krankheitstage mit dem Alter stark zu. Neben Schmerzen führt eine anhaltende oder wiederholt auftretende Erkrankung oft auch zu geringerer Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen bei einem Arbeitsausfall den Lohn weiterzahlen. Dazu kommt, dass Kolleginnen und Kollegen der Erkrankten zusätzlich belastet werden, weil sie deren Ausfall kompensieren müssen. Muskel-Skelett-Erkrankungen zu verhindern dient also nicht nur dem persönlichen Wohl der Beschäftigten, sondern auch dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.

Gefährdungsbeurteilung

Eine Gefährdungsbeurteilung kann helfen: Ziel ist es, die körperlichen Belastungen so zu reduzieren, dass auch bei langjähriger Tätigkeit keine berufsbedingten Erkrankungen auftreten. Eine feste Vorgabe, wie die Gefährdungsbeurteilung aussehen muss, gibt es nicht. Sind die vom Betrieb ergriffenen Maßnahmen offensichtlich geeignet, so reicht es, sie umzusetzen, die Wirksamkeit zu überprüfen und das Ergebnis zu dokumentieren.

Bei Muskel-Skelett-Belastungen kommt der Zusammenarbeit

  • der Fachkraft für Arbeitssicherheit,
  • des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin,
  • der Führungskräfte und
  • vor allem der Beschäftigten

besondere Bedeutung zu. Denn: Niemand kennt den Arbeitsbereich, die Arbeitsabläufe, die einzelnen Tätigkeiten und die damit verbundenen Belastungen so gut wie die Person, die tagtäglich dort arbeitet.

Vorgehensweise

Zum systematischen Einstieg in die Gefährdungsbeurteilung sind zwei Informationsquellen empfehlenswert:

  • Basis-Check und Einstiegsscreening der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) – siehe „info“
  • DGUV Information 208-033 „Muskel-Skelett-Belastungen – erkennen und beurteilen“ – siehe „info“.

Beide Quellen dienen dazu, auf schnellem Wege notwendige Maßnahmen zu erkennen und zu beschließen. Stellt sich dabei eine genauere Bewertung als erforderlich heraus, so bieten sich dazu beispielsweise die Leitmerkmalmethoden der BAuA an. Sechs von ihnen stehen zur Verfügung, davon wurden die drei Erstgenannten überarbeitet:

  • Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten (> drei Kilogramm)
  • Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten
  • Manuelle Arbeitsprozesse
  • Ausübung von Ganzkörperkräften
  • Körperzwangshaltungen
  • Körperfortbewegung.

Der Vorteil bei der Verwendung der Leitmerkmalmethoden: Es werden gut nachvollziehbar Punktwerte ermittelt. Diese führen zu einer Bewertung in Grün, Gelb oder Rot (Ampel-Prinzip). Mit den interaktiven Varianten lässt sich besonders schnell entscheiden, wie wirksam verschiedene Maßnahmen oder ein Maßnahmen-Paket sind.

DGUV-Information 208-033: Illustrationen Bewegungsstudien im Arbeitsalltag.

DGUV-Information 208-033: Illustrationen Bewegungsstudien im Arbeitsalltag.

Wertschätzen mit ErgoChecker

Besonders für kleinere Betriebe hat die BG ETEM den sogenannten ErgoChecker entwickelt. Er soll Unternehmerinnen und Unternehmer dabei unterstützen, Ideen der Beschäftigten wertzuschätzen. Dazu arbeiten jeweils zwei Kollegen zusammen. Zuerst wird erfasst, wo der Körper durch die Arbeit belastet wird und was als Ursache dafür infrage kommt. Anschließend werden Verbesserungs-Ideen gesammelt:

  • Was empfiehlt Ihre Kollegin/Ihr Kollege?
  • Wie können Sie Ihre Bewegungen verbessern?
  • Wie können Sie vorhandene Arbeitsmittel besser nutzen?
  • Welche zusätzlichen Arbeits- oder Hilfsmittel brauchen Sie?
  • Wie können Sie die Arbeit besser organisieren?

Kleine Verbesserungen sollten gleich umgesetzt werden. Größere sind mit dem Vorgesetzten abzustimmen.

Akzeptanz

Bei der Auswahl und Umsetzung von Maßnahmen ist es sinnvoll, die Beschäftigten einzubinden. Was nutzt die teuerste Hebehilfe, wenn sie von den Beschäftigten nicht verwendet wird, weil sie für die Tätigkeit nicht passt? Die Schulung beziehungsweise Unterweisung spielt hier ebenfalls eine wesentliche Rolle. Letztlich sind nur Maßnahmen wirksam, die verstanden und umgesetzt werden.

Betriebsbesichtigungen

Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) wird von Januar 2022 bis Juni 2025 bei Betriebsbesichtigungen unter anderem nach der Gefährdungsbeurteilung Muskel-Skelett-Belastungen gefragt. Das Ziel: Zahl und Qualität der Gefährdungsbeurteilungen sollen deutlich gesteigert werden.

Seminar

Grundlagen zur „Gefährdungsbeurteilung Muskel-Skelett-Belastung“ werden im gleichnamigen Seminar 435 der BG ETEM vermittelt. Das Seminar umfasst acht Lehreinheiten und wird sowohl vor Ort als auch online angeboten.

Tipp: Nutzen Sie die Warteliste, da wir die Anzahl der Online-Seminare bei großer Nachfrage erhöhen.

 

Dr. Sylvia Hubalek, Torsten Wagner