Fahrender Transporter in grau auf einer Landstraße. Am Straßenrand steht eine graue Blitzer-Anlage.

Verkehrsverstöße nicht auf die leichte Schulter nehmen: Unternehmen müssen dafür sorgen, dass ihre Beschäftigten sich an die Verkehrsegeln halten.

Die Ampel war doch ganz sicher noch gelb? Das Stoppschild stand gestern noch nicht da. Und die Radarfalle, nur einen Katzensprung hinter dem Tempo-30-Schild: eine Gemeinheit! Wer so argumentiert, hat meist schlechte Karten, wenn die Polizei Strafzettel verteilt. Dabei passiert das fast jedem einmal, privat wie beruflich. Metropolen wie Köln, München oder Hamburg nehmen jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag mit Bußgeldern für Verkehrsverstöße ein.

Oft bleibt es nicht bei einem einfachen Knöllchen. Im Flensburger Fahreignungsregister waren Anfang 2022 mehr als zehn Millionen Personen registriert. Der größte Teil – gut zwei Millionen – wegen Geschwindigkeitsverstößen, dreimal mehr Männer als Frauen. Immerhin 440.000 Einträge zählt die Sünderkartei wegen Handynutzung am Steuer und über 300.000 wegen überfahrenen Rotlichts.

Auch viele Fuhrparkleiterinnen und -leiter sehen sich immer wieder mit Bußgeldbescheiden konfrontiert. Als Halter der Fahrzeuge stehen Unternehmen in der Verantwortung und sind verpflichtet, an der Aufklärung von Verkehrsverstößen mitzuwirken. Auch das „Gesetz über Ordnungswidrigkeiten“ (OWiG) ist eindeutig. Es verpflichtet Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber zu Aufsichtsmaßnahmen, „die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist“. Kurz: Unternehmen müssen sich darum kümmern, dass ihre Beschäftigten sich an die Verkehrsregeln halten.

Strafzettel ernst nehmen

„Natürlich muss nicht gleich jedes kleine Knöllchen Konsequenzen haben“, sagt Sarah Langer, Referentin für Verkehrssicherheit bei der BG ETEM. Die Expertin warnt jedoch davor, Strafzettel generell auf die leichte Schulter zu nehmen.

„Eine überfahrene rote Ampel, zu hohe Geschwindigkeit, ein Moment der Unachtsamkeit, weil man das Handy am Ohr hatte – das führt immer wieder zu schweren Unfällen, die auch Unschuldige in Mitleidenschaft ziehen.“ Selbst vermeintlich lässliche Sünden wie falsches Parken schaden mitunter anderen: Wenn Gehwege oder abgesenkte Bordsteinkanten zugeparkt werden, haben Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen das Nachsehen. Schlimmstenfalls werden Rettungswagen im Einsatz blockiert.

„Das kann ja niemand wollen“, sagt Langer. Und geschäftsfördernd ist ein solches Verhalten auch nicht. Das weithin sichtbare Firmenlogo wird zum Bumerang, wenn das Fahrzeug, auf dem es prangt, reihenweise Verkehrsteilnehmer fluchen lässt.

Hat es erst mal gekracht, reichen die Folgen aber oft viel weiter. Wenn Beschäftigte nach einem Unfall verletzt ausfallen, kommen viele Betriebe schnell in Personalnot. Ist zudem der Führerschein futsch, können Betroffene für mindestens einen Monat nicht mehr am Steuer eingesetzt werden. Unternehmen kann also ein wirtschaftlicher Schaden entstehen, der weit über das Bußgeld hinausgeht.

Das Gespräch suchen

Verkehrsexpertin Langer empfiehlt, jeden Bußgeldfall individuell zu behandeln. Vorgesetzte sollten es vermeiden, pau-schal etwa mit Abmahnungen zu drohen. Stattdessen sei es besser, das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen. Dabei sei es wichtig, die eigenen Erwartungen deutlich zu machen. Weil viele Vergehen aus Terminstress resultieren, liegt hier ein erster Lösungsansatz. Die Expertin rät, für Termine möglichst ein Zeitfenster vorzugeben statt exakter Zeitpunkte – also zum Beispiel „zwischen halb zehn und zehn“. Das nimmt schon mal Druck von den Beschäftigten.

Unternehmen sollten zudem kommunizieren, dass der gefährliche Griff zum Handy tabu ist – und auch nicht nötig. „Chef oder Chefin sollten nicht von Mitarbeitenden erwarten, dass diese jederzeit erreichbar sind, besonders nicht am Steuer“, sagt Langer. Stattdessen könnte die Regelung lauten, dass ein Rückruf erfolgt, sobald es gefahrlos möglich ist. Auch das gilt es klar zu kommunizieren. Selbst eine Freisprechanlage sei keine allumfassende Lösung. Zwar lassen sich damit Bußgelder fürs Handy am Steuer vermeiden. „Ein erhöhtes Unfallrisiko besteht aber trotzdem, insbesondere, wenn Fahrer und Fahrerinnen zusätzlich das Navigationsgerät im Blick haben müssen“, erklärt Langer.

Und was ist mit notorischen Falschparkern? Rücksichtvolles Parken sollte nicht an ein paar Euro für den Parkautomaten scheitern. Führungskräfte sollten klar signalisieren, dass das Unternehmen die Parkkosten für Firmenautos übernimmt.

Technik kann unterstützen

Daneben können Fuhrparkverantwortliche technische Lösungen in Betracht ziehen. Telematik-Systeme zeichnen Fahrdaten auf und liefern so oft schon frühzeitig Hinweise auf bedenkliches Verhalten im Straßenverkehr. Dass solche Systeme zumindest in kleineren Flotten noch die Ausnahme sind, liegt teils an den Kosten, teils an Bedenken zum Datenschutz.

„Es mangelt oft an Akzeptanz bei den Beschäftigten“, sagt Langer. Am Nutzen für die Unfallprävention mangelt es aber nicht. „Untersuchungen haben gezeigt, dass es zu weniger Verstößen kommt, wenn Fahrerinnen und Fahrer wissen, dass ein solches System eingebaut ist.“ Schließlich hilft manchmal auch der Griff an die eigene Nase, meint Langer. „Führungskräfte sollten Vorbild sein und sich im Straßenverkehr selbst angemessen verhalten.“

  

Boris Dunkel

Bußgeldkatalog: So teuer sind Verkehrsvergehen

Auszug aus dem aktuellen Bußgeldkatalog für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen. Für schwerere Fahrzeuge und Gefahrguttransporte gelten schärfere Strafen.

Verstoß

Bußgeld, Punkte, Fahrverbot

Innerorts 21–25 km/h zu schnell

115 Euro, 1 Punkt

Innerorts 26–30 km/h zu schnell

180 Euro, 1 Punkt

Innerorts 31–40 km/h zu schnell

260 Euro, 2 Punkte, 1 Monat

Außerorts 21–25 km/h zu schnell

100 Euro, 1 Punkt

Außerorts 26–30 km/h zu schnell

150 Euro, 1 Punkt

Außerorts 31–40 km/h zu schnell

200 Euro, 1 Punkt

Rote Ampel überfahren

90 Euro, 1 Punkt

Rote Ampel überfahren, die länger als 1 Sekunde rot war

200 Euro, 2 Punkte, 1 Monat

Rote Ampel überfahren, die länger als 1 Sekunde rot war, mit Gefährdung

320 Euro, 2 Punkte, 1 Monat

Handy am Steuer benutzt

mind. 100 Euro, 1 Punkt

Parken auf Geh- und Radwegen oder in zweiter Reihe

55 bis 110 Euro, u. U. 1 Punkt