Illustrationsmaschine Heatset-Rollenrotationsoffsetdruck, Schemazeichnung ohne Ziffern.

Schema einer Heatset-Rollenoffsetmaschinen: Auf solchen Maschinen wird eine endlos fortlaufende Papierbahn beidseitig bedruckt.

Der Heatset-Rollenrotationsoffsetdruck ist das weltweit am meisten verbreitete Druckverfahren, mit dem Zeitschriften, Kataloge und Werbebeilagen in mittleren bis großen Auflagen hergestellt werden. Auf Heatset-Rollenoffsetmaschinen wird eine endlos fortlaufende Papierbahn beidseitig bedruckt. Die Druckfarben müssen spezielle Fließeigenschaften mitbringen.

Dafür sorgt ein Anteil von etwa 35 Prozent mineralischer Öle, sogenannte Heatset-Öle. Trotz ihres hohen Siedebereiches von 250 bis 310 °C verdunsten bis zu 85 Prozent der eingesetzten Heatset-Öle im Heißluftstrom der Durchlauftrockner, und zwar bei Trocknungstemperaturen von maximal 315 °C. Anschließend bleibt eine bindemittelreiche Druckfarbenschicht auf der Papierbahn zurück, die sich nach ausreichender Abkühlung (Kühlwalzen) verfestigt.

Nicht nur beim Drucken, auch beim automatischen Gummituchwaschen gelangen brennbare Lösemittel mit der Papierbahn in den Heißluft-Durchlauftrockner. Handelt es sich dabei um insgesamt zu große Lösemittelmengen, können diese nach ihrem Verdunsten im Trockner eine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre bilden. Aufgrund ständig vorhandener Zündquellen muss die Entstehung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre im Durchlauftrockner in allen Betriebssituationen ausgeschlossen werden. Dennoch sind kostenintensive Schadensfälle bekannt, die das Explosionsrisiko bestätigt haben.

Automatische Gummituchwaschanlagen

In den Druckwerken sind heute automatische Gummituchwaschanlagen Stand der Technik. Mit deren Hilfe können Gummitücher, die mit Druckfarbe und Papierstaub verschmutzt sind, sowohl während des Fortdruckes als auch zum Auftragsende gereinigt werden. Allgemein besteht in der Betriebspraxis der Wunsch, mit kürzeren Waschzeiten die Produktivität der Maschine zu verbessern sowie den Gasverbrauch und die Papiermakulatur zu verringern. Dabei muss es oberstes Ziel sein, die Trocknersicherheit (Explosionsschutz) und somit auch die Sicherheit der gesamten Drucklinie ständig zu gewährleisten.

Sicherer Waschmitteleinsatz

Um die maximal zulässige Waschmittelmenge zu ermitteln, müssen Unternehmen eine Trockner-Einmessung (Berechnung und Messung) durchführen und diese aussagefähig dokumentieren. Das ist grundsätzlich in folgenden Fällen erforderlich:

  • wenn eine Drucklinie in Betrieb genommen,
  • eine automatische Gummituchwaschanlage verändert oder
  • ein anderes Waschmittel verwendet wird.

Das Einmessen umfasst folgende Schritte:

  1. Berechnung der maximal zulässigen Waschmittelmenge, die in den Trockner eingebracht werden darf (nach den Vorgaben der DIN EN 1539:2016-02),
  2. messtechnische Verifizierung der Berechnungsergebnisse unter Berücksichtigung der Vorgaben und Hinweise von Trocknerhersteller und Waschanlagenhersteller,
  3. Erstellen einer ausführlichen Dokumentation.

Bei einem Waschmittelwechsel besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, auf eine erneute Einmessung des Trockners zu verzichten.

Verwendung recycelter Waschmittel

Grundsätzlich gelten für recycelte Waschmittel zunächst die gleichen Anforderungen wie für frisch hergestellte Waschmittel eines Zulieferers. Es muss ein Sicherheitsdatenblatt erstellt werden, aus dem auch die ungefähre Zusammensetzung hervorgeht. Es müssen des Weiteren die Kenngrößen des Explosionsschutzes wie zum Beispiel Flammpunkt, untere Explosionsgrenze, Verdampfungsfaktor und Response Faktor bestimmt werden, bevor eine Trockner-Einmessung erfolgen kann.

Voraussetzung dabei ist, dass die Waschmittelzusammensetzung in engen Grenzen immer konstant ist, damit keine wesentlichen Veränderungen bei den Explosionsschutzkenngrößen zwischen einzelnen Chargen der Waschmittel auftreten. Dies bedeutet für recycelte Waschmittel, dass folgende Untersuchungen durchgeführt werden müssen:

  • Mittels geeigneter Analytik muss sichergestellt werden, dass die Zusammensetzung des Recyclats dauerhaft gleichbleibt.
  • Bei der Gewinnung des Recyclats ist je nach Art der Rückgewinnung mit Schwankungen in der Zusammensetzung aufgrund von Verunreinigungen mit Kohlenwasserstoffen aus den Druckfarben zu rechnen. Insofern sollten von verschiedenen Chargen des hergestellten Recyclats die Explosionsschutzkenngrößen bestimmt werden und sichergestellt werden, dass diese über die Chargen hinweg stabil bleiben.
  • Wie kann sichergestellt werden, dass nur gleichwertige Chargen in den Recyclingprozess gelangen? Hierzu empfiehlt es sich, eine Wareneingangskontrolle in der Druckerei und/oder eine Warenausgangskontrolle beim Hersteller des recycelten Waschmittels zu implementieren. Welche Parameter hierbei geprüft werden müssen, um sicherzugehen, dass es keine Änderungen bei den Explosionsschutzkenngrößen zur Folge hat, lässt sich aufgrund der Vielfalt an Aufbereitungsverfahren und möglichen Zusammensetzungen momentan noch nicht beschreiben.

Fazit

Einzeln betrachtet sind Druckmaschinen, automatische Gummituchwaschanlagen und Trockner technisch zuverlässige, zum Teil auch GS-geprüfte Anlagenbestandteile. Sicherheitstechnische Probleme entstehen, wenn die Schnittstellen zwischen den Anlagenteilen nicht ausreichend betrachtet werden beziehungsweise die beteiligten Hersteller diese ungenügend abstimmen. Besonders heikel wird es, wenn zur vermeintlichen Optimierung Anlagenteile einseitig verändert werden, ohne im Auge zu behalten, wie sich das auf den Gesamtprozess auswirkt. Ein insgesamt sicherer Prozess schließt die eingesetzten Arbeitsstoffe natürlich mit ein.

Grundsätzlich unterstützt die BG ETEM aus Umweltgesichtspunkten die Wiederaufbereitung von gebrauchten Waschmitteln zur neuerlichen Verwendung bei der Reinigung von zum Beispiel Walzen und Gummitüchern im Offsetdruck. Allerdings erfordert der Einsatz von recycelten Waschmitteln für den Heatset-Druck im Vorfeld eine genaue Betrachtung hinsichtlich des Explosionsschutzes.

Wie stellt man die gleichbleibende Zusammensetzung sicher, insbesondere aufgrund des Einsatzes von wechselnden Druckfarben? Wie genau kann dies prozessbedingt kontrolliert werden, um Änderungen in der Zusammensetzung zu vermeiden? Welche Analytik ist hierfür nötig? Wie viele derartiger Chargen müssen untersucht werden, um statistisch abgesichert im Hinblick auf den Explosionsschutz auf der sicheren Seite zu sein?

Derzeit gibt es noch viele offene Fragen. Deshalb ist ein Einsatz von recycelten Waschmitteln im Heatset-Rollenrotationsoffsetdruck aus praktischen Erwägungen heraus nicht mit ausreichender Sicherheit hinsichtlich des Explosionsschutzes möglich.

 

Dr. Axel Mayer