Zwei Männer, in rotem T-Shirt und rotem Sweatshirt mit weißem Firmenlogo stehen nebeneinander in einem Lagerraum und schauen zusammen auf Papiere. Beide tragen eine weiße FFP2-Maske. Der Mann rechts trägt eine Brille und einen dunklen Vollbart.

Christian Schnell (rechts) und sein Bruder und Kollege Guido Schnell besprechen die Abläufe in der Werkstatt und auf der Baustelle.

„Wo habe ich sie denn?“ Kennen Sie das auch? Sie haben vor Jahren gleich nach dem BG-Seminar voll motiviert eine Gefährdungsbeurteilung erstellt. Ganz nach Vorschrift. Und jetzt suchen Sie sie, weil die Aufsichtsperson der BG bei der Unfalluntersuchung danach fragt. Zeit also, mal wieder intensiver über Arbeitssicherheit nachzudenken.

„Wer sich für das Unternehmermodell entschieden hat, muss erst mal ohne externe Hilfe den Arbeits- und Gesundheitsschutz in seinem Betrieb organisieren“, sagt Dr. Ronald Unger, Aufsichtsperson und Referent bei der BG ETEM. Dazu gehört auch eine Gefährdungsbeurteilung. Darin werden die betrieblichen Abläufe, damit verbundene Gefährdungen und die Maßnahmen zur Unfallverhütung festgehalten.

Portraitfoto von Dr. Ronald Unger von der BG ETEM. Er hat eine Halbglatze, trägt eine Brille und einen Anzug.

„Nehmen Sie Ihre Beschäftigten ernst, hören Sie zu, was sie zu sagen haben“                                         

Dr. Ronald Unger, BG ETEM

Die Gefährdungsbeurteilung ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben. „Sie hat auch handfeste betriebswirtschaftliche Vorteile“, weiß Dr. Unger. Nach Schätzungen kostet der Ausfall eines Beschäftigten einen Betrieb je nach Branche zwischen 300 und 500 Euro pro Tag. In zwei Wochen kommt so schnell ein Betrag von 4.000 Euro oder mehr zusammen. „Spätestens dann hätte sich ein regelmäßiger Sicherheitscheck bezahlt gemacht.“

Grund genug also, eine einmal erstellte Gefährdungsbeurteilung von Zeit zu Zeit unter die Lupe zu nehmen. Stimmen die Angaben zu Arbeitsabläufen, Maschineneinsatz und Sicherheitsmaßnahmen noch mit der Realität überein? Wenn nicht, besteht dringender Handlungsbedarf.

Darüber hinaus hat es durchaus innerbetriebliche Vorteile, das Thema Arbeitssicherheit zusätzlich zur vorgeschriebenen betrieblichen Unterweisung von Zeit zu Zeit anzusprechen – vorausgesetzt, Sie binden Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Sie sind die Experten für ihre Arbeitsplätze. „Nehmen Sie sie ernst, hören Sie zu, was sie zu sagen haben“, rät Dr. Unger.

Auf diese Weise lassen sich versteckte Mängel viel leichter entdecken und beseitigen. Gemeinsam beschlossene Schutzmaßnahmen werden eher eingehalten als verordnete Verhaltensregeln. Und schließlich: Fühlen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Wertschätzung ihres Chefs und werden sie bei Entscheidungen einbezogen, trägt das auch zu einem gesunden und vertrauensvollen Arbeitsklima bei. Eine gute Voraussetzung für sicherheitsbewusstes Verhalten bei der Arbeit. Und möglicherweise auch ein Pluspunkt beim Wettbewerb um rare Fachkräfte.

Stellt sich noch die Frage, wie oft man die Gefährdungsbeurteilung in die Hand nehmen und überprüfen sollte? Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sagen zum einen „regelmäßig“, wobei der Stand der Technik zu berücksichtigen sei (Betriebssicherheitsverordnung § 3 Abs. 7).

Zum anderen muss die Gefährdungsbeurteilung immer dann angepasst werden, wenn „sich die betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz geändert haben“ (DGUV Vorschrift 1, § 3 Abs. 2). Will heißen: spätestens, wenn eine neue Maschine angeschafft wird, neue Arbeitsverfahren eingeführt oder neue Vorschriften in Kraft treten, ist es so weit.

„Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Dann sind Sie auf der sicheren Seite“, sagt Dr. Ronald Unger, „denn die Verantwortung liegt bei jeder Unternehmerin und jedem Unternehmer selbst.“

Das Portrait zeigt Christian Schnell von der Romberg Group. Er hat kurze, dunkle Haare, einen Vollbart und trägt ein rotes Sweatshirt mit Firmenlogo. Er steht vor einer Wellblechwand und schaut mit verschränkten Armen lächelnd in die Kamera.

Christian Schnell hat die aktuelle Gefährdungsbeurteilung als Projektleiter auf den Weg gebracht.

Interview: Lächelnd zur Arbeit gehen

Projektleiter Christian Schnell von der Romberg Group ist zufrieden. Für ihn steht fest: „Die Gefährdungsbeurteilung hat uns weitergebracht.“

Wann haben Sie Ihre Gefährdungsbeurteilung zuletzt aktualisiert?

Jetzt kürzlich. Seit Mitte März 2020 müssen wir die Corona-Richtlinien auch auf der Baustelle umsetzen. Das musste in die Gefährdungsbeurteilung einfließen und in den Köpfen unserer Mitarbeiter verankert werden.

Wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben Bereiche definiert – Büro, Lager, die Baustellen. Auch die Kraftfahrzeuge haben wir als eigene Sparte aufgeführt. Wir sind durch unsere Örtlichkeiten gegangen und haben mit offenen Augen untersucht: Wo sind Mängel? Wo können wir ansetzen? Was können wir in eine Liste einfließen lassen? Oder was muss vielleicht direkt vor Ort beseitigt werden?

Wer war daran beteiligt?

Wir haben die beiden Geschäftsführer, den Lagermeister, unseren Sicherheitsbeauftragten und mich als Projektleiter mit ins Boot genommen.

Was ist dabei herausgekommen?

Die Gefährdungsbeurteilung umfasste 56 Punkte in vier Sparten. Darauf konnten wir aufbauen und die Punkte in den einzelnen Sicherheitsunterweisungen einbringen. Das ist ein stetig wachsender Prozess.

Hat sich der Aufwand gelohnt?

Es ist eine richtig gute Gefährdungsbeurteilung geworden. Darin sind auch lustige Elemente eingeflossen, sodass sich die Hinweise in den Köpfen der Mitarbeiter verankern. Die Kollegen fühlen sich viel besser wertgeschätzt und gehen lieber zur Arbeit. Sie sind nachweislich mit offeneren Augen unterwegs, um Gefahren besser einschätzen zu können.