Die neue DGUV Vorschrift 38 BauarbeitenDie wichtigsten Bestimmungen der neuen Unfallverhütungsvorschrift und was sie für Arbeiten auf dem Bau bedeuten.https://etem.bgetem.de/1.2021/titelstories/die-neue-dguv-vorschrift-38-bauarbeitenhttps://etem.bgetem.de/@@site-logo/logo_etem_magazin.png
Die neue DGUV Vorschrift 38 Bauarbeiten
Die wichtigsten Bestimmungen der neuen Unfallverhütungsvorschrift und was sie für Arbeiten auf dem Bau bedeuten.
Unfallverhütungsvorschrift überarbeitet
Die seit gut zwanzig Jahren in unveränderter Form vorliegende Unfallverhütungsvorschrift „Bauarbeiten“ ist zwischenzeitlich in die Jahre gekommen. Ein Novellierungsbedarf war allein mit Blick auf den voranschreitenden Stand der Technik und mit diversen mitgeltenden und aktualisierten Rechtsvorschriften und Regelwerken längst überfällig.
Auch wenn in den vergangenen Jahren wiederholt die Außerkraftsetzung der Vorschrift zur Diskussion stand, erhielt der Fachbereich Bauwesen der DGUV die Möglichkeit zu einer umfassenden Überarbeitung der berufsgenossenschaftlichen Vorschrift, die zwischenzeitlich als Musterunfallverhütungsvorschrift von der Mitgliederversammlung der DGUV am 11. November 2019 beschlossen und seitens des Bundessozialministeriums (BMAS) genehmigt wurde. Die Vertreterversammlung der BG ETEM hat die Vorschrift im Dezember 2020 in Kraft gesetzt – ihre Veröffentlichung ist für Anfang 2021 zu erwarten.
Die überarbeitete DGUV Vorschrift wurde insbesondere an das staatliche Vorschriften- und Regelwerk angepasst. Bußgeldbewehrte Regelungen wurden auf die wesentlichen baustellenspezifischen Verstöße beschränkt. Die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) enthält insbesondere bußgeldbewehrte Regelungen zu Leitung und Aufsicht auf Baustellen, Standsicherheit und Tragfähigkeit baulicher Anlagen, Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz sowie bauspezifische Vorgaben für Verkehrswege, Arbeitsplätze und -verfahren.
Nachfolgend stellen wir Ihnen die Konzeption der neuen DGUV Vorschrift 38 Bauarbeiten und ausgewählte inhaltliche Schwerpunkte vor.
Für wen gilt die Vorschrift?
Erfasste die bisherige Unfallverhütungsvorschrift (UVV) in ihrem Geltungsbereich Bauarbeiten, ausgenommen spezieller branchenspezifischer Arbeiten, adressiert die neue Vorschrift ergänzend alle vom Regelungsumfang betroffenen Unternehmens- und Personengruppen. Die UVV gilt somit für Unternehmer und Versicherte und auch
für Unternehmer und Beschäftigte von ausländischen Unternehmen, die eine Tätigkeit im Inland ausüben, ohne einem Unfallversicherungsträger anzugehören,
soweit in dem oder für das Unternehmen Versicherte tätig werden, für die ein anderer Unfallversicherungsträger zuständig ist,
für Solo-Selbstständige (Unternehmer ohne Beschäftigte) und für Bauherren, die in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten ausführen, gegenüber ihren Bauhelfern.
Geltungsbereich der Vorschrift
Mit der Festlegung der Begriffe „Bauarbeiten“ und „Bauliche Anlagen“ in den Begriffsbestimmungen der neuen UVV erfolgt eine abschließende Klärung des Geltungsbereichs der Vorschrift, zu dem z. B. auch Aushub- und Erdarbeiten, Errichtung sowie Abbau von Fertigbauelementen und Umbau, Malerarbeiten, Reparatur-, Abbruch- und Rückbauarbeiten gehören. Auch wenn die bisherige UVV bereits die Errichtung sowie den Abbau von Maschinen erfasste, soll an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen werden, dass die genannten Arbeiten an Maschinen weiterhin zum Geltungsbereich der neuen Vorschrift gehören.
Vom Geltungsbereich der neuen Vorschrift sind hingegen ganz bestimmte Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln ausgenommen. So fallen insbesondere das Anbringen, Ändern und Abnehmen elektrischer Betriebsmittel an Freileitungen, Oberleitungsanlagen und Masten nicht unter den Geltungsbereich der neuen UVV. Die klassischen Bauarbeiten an der baulichen Anlage sind zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen – Installation, Instandhaltung, Umbaumaßnahmen sowie die Demontage elektrischer Betriebsmittel sind als ergänzende Tätigkeiten an der baulichen Anlage zu werten. Die branchenspezifischen Randbedingungen der Arbeitsplätze sowie die Art der Arbeitsdurchführung erfordern eine spezifischere Betrachtung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen.
Insbesondere stehen bei den beschriebenen Arbeiten, abweichend von klassischen Bauarbeiten, i. d. R. keine Schutzgerüste zur Verwendung als Zugangsweg zu den Arbeitsstellen und als Schutz gegen Absturz zur Verfügung. Ungeachtet dieser Betrachtungen sind selbstverständlich umfangreiche Maßnahmen zur sicheren Durchführung der hier beschriebenen Arbeiten zu ergreifen, die im staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Regelwerk fixiert sind.
Ergänzende Vorschriften
Im Rahmen der Überarbeitung erfuhr die ehemalige UVV eine Kürzung von 75 auf nun 13 Paragrafen, gleichwohl ist der Regelungsumfang nach wie vor stattlich. Die Überschriften der Paragrafen lassen nur bedingt die Fülle der in ihnen enthaltenen Vorschriften erahnen. Somit ist eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Inhalten der neuen Vorschrift unumgänglich und ein leichtes Auffinden gesuchter Regelungsinhalte über das Inhaltsverzeichnis nur schwerlich möglich.
Zwischenzeitlich wurde vom Fachbereich Bauwesen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eine zugehörige Regel zur DGUV Vorschrift Bauarbeiten erarbeitet, die Unternehmerinnen und Unternehmern sowie allen Verantwortlichen für Sicherheit und Gesundheit auf Baustellen Unterstützung bei der Umsetzung der UVV-Anforderungen bietet. Durch einen paragrafenzugehörigen Abdruck der Kommentierungen und Erläuterungen besitzt das Regelwerk eine gute Übersichtlichkeit.
Verantwortung und Aufgaben
Hervorzuheben ist die Zusammenfassung der Anforderungen an die Verantwortung und Aufgabenstellung unterschiedlicher Akteure auf der Baustelle unter § 3 „Leitung, Aufsicht und Sicherungsaufgaben“ (siehe nachfolgende Abbildung). Auch weiterhin haben Unternehmer dafür zu sorgen, dass Bauarbeiten von weisungsbefugten Vorgesetzten, den Bauleitern/innen, geleitet werden, denen die Umsetzung der staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften obliegt. Selbstverständlich tragen sie die Verantwortung für eine wirkungsvolle Minimierung der Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit auf der Baustelle. Die Durchführung einzelner Bauarbeiten auf der Baustelle sind darüber hinaus von weisungsbefugten und fachkundigen Personen, den Aufsichtsführenden, zu beaufsichtigen.
Die Verständigung von Bauleitern, Aufsichtsführenden, Auftragnehmern und zahlreichen Versicherten, gegebenenfalls aus unterschiedlichen Herkunftsländern, führte in der Vergangenheit regelmäßig zu Schwierigkeiten beim Bauablauf und zu Risiken beim Arbeits- und Gesundheitsschutz. Grenzübergreifende Aktivitäten der auf Baustellen agierenden Unternehmen erfordern daher auch zukünftig wirkungsvolle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verständigung aller auf Baustellen engagierten Unternehmen und Personengruppen.