Gemeinsam mit Verpackungstief- und Flexodruckbetrieben hat die BG ETEM erstmals im Jahr 2007 eine Handlungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung nach der Gefahrstoffverordnung erarbeitet. Die Praxishilfen wurden als BG/BGIA-Empfehlungen veröffentlicht, später wurden die „Empfehlungen Gefährdungsermittlung der Unfallversicherungsträger“ (kurz EGU) daraus. Eine aktualisierte Version wurde als DGUV Information 213-718 im Dezember 2016 publiziert.
Die EGU helfen, den Ermittlungsaufwand im Unternehmen erheblich zu reduzieren. Betriebe können sie als standardisierte Arbeitsverfahren heranziehen, um Schutzmaßnahmen und Wirksamkeitsüberprüfungen nach der Technischen Regel für Gefahrstoffe – TRGS – 400 (siehe „info“) abzuleiten. Bei der Informationsermittlung und Expositionsbewertung lassen sich die EGU als nicht messtechnisches Verfahren nach der TRGS 402 verwenden. Anhand der beschriebenen Handlungshinweise und Schutzmaßnahmen können Unternehmen Gefährdungen beim Arbeiten mit Gefahrstoffen sicher beurteilen. Viele der Mitgliedsbetriebe der BG ETEM haben die Vorteile der EGU in der Vergangenheit genutzt und konnten so auf regelmäßige und kostspielige Gefahrstoffmessungen verzichten.
Gefahrstoffexposition
Um die durchschnittliche Gefahrstoffbelastung im Verpackungstief- und Flexodruck zu ermitteln, führt die BG ETEM seit mehreren Jahrzehnten regelmäßig Arbeitsplatzmessungen in den relevanten Arbeitsbereichen mit typischen Tätigkeitsprofilen durch. Im Verpackungsdruck sind demnach Beschäftigte vor allem im Druckbereich verschiedenen Lösemitteln ausgesetzt. Dort machen Ethanol und Ethylacetat die Hauptkomponenten aus, hinzu kommen sogenannte Verzögerer, wie Methoxy- oder Ethoxypropanol.
Die Exposition wird bei Gemischen anhand des Bewertungsindexes I beurteilt. I ist der Summenwert der einzelnen Stoffindizes, die sich aus dem Quotienten von festgestellter Konzentration und dem zugehörigen Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) ergeben (Beispiel siehe Kasten „Bewertungsindex I“).
Ist dieser Wert ≤ 1, so wird der Grenzwert nach TRGS 402 eingehalten. Ist er > 1, gilt der Grenzwert als überschrit ten. Wenn Drucker oder Druckerhelfer die typischen Tätigkeiten im Verpackungsdruck ausüben, wurden die Grenzwerte in der Vergangenheit fast immer eingehalten, das heißt, der Index lag fast immer < 1.
Neue Grenzwerte
Aufgrund neuer arbeitsmedizinischer Erkenntnisse wurden die Arbeitsplatzgrenzwerte für die beiden Hauptlösemittel mehr als halbiert: Der AGW von Ethylacetat wurde im November 2016 von 1.500 mg/m³ auf 730 mg/m³ gesenkt, der AGW von Ethanol im Mai 2018 von 960 mg/m³ auf 380 mg/m³. Zusätzlich gilt für den Verzögerer 1-Ethoxy-2-propanol seit Mai 2018 ein neuer AGW von 86 mg/m³ statt vorher 220 mg/m³.
Das gleiche Ergebnis wie die Beispielrechnung zum neuen AGW zeigt im Prinzip eine aktuelle statistische Auswertung: Vor dem Absenken haben alle Betriebe die Grenzwerte eingehalten, danach liegt der Bewertungsindex bei etwa 50 Prozent der Messungen oberhalb von 1. Der Umkehrschluss lautet: 50 Prozent der Betriebe halten schon jetzt die neuen abgesenkten Grenzwerte ein. Es ist also möglich!
Was ist zu tun?
Um die Grenzwerte nicht zu überschreiten, müssen Unternehmen in vielen Fällen die Schutzmaßnahmen optimieren. Konnten sie beispielsweise bisher die AGW auch mit einer nicht ganz so effektiven Lüftungstechnik einhalten, gilt es jetzt, alle Möglichkeiten der Expositionsminderung auszuschöpfen. Sämtliche Mindestmaßnahmen der EGU müssen konsequent beachtet und umgesetzt werden (siehe Infokasten oben). Ausreichende Lüftung und wirksame Absaugungen an Maschinen und beim Reinigen der Teile sind unverzichtbar.
Abgesehen von den technischen Maßnahmen spielt das Verhalten jedes einzelnen Beschäftigten eine Rolle, denn die Emissionsquellen im Betrieb sind bekannt. Dazu gehören neben den Maschinen die offenen Farb- und Versorgungsbehälter oder die offen stehenden Behälter für gebrauchte Putztücher. Emissionen entstehen zudem bei Reinigungsarbeiten an schlecht belüfteten, nicht abgesaugten Arbeitsplätzen unmittelbar an der Maschine. Betriebe müssen für jeden Handgriff prüfen, ob Lösemittel frei werden. Im Einzelfall können sie den AGW nur durch weitergehende Schutzmaßnahmen einhalten (siehe Infokasten unten).