Gefährdungsbeurteilungen sind das „Handwerkszeug“ für die Organisation des Arbeitsschutzes im Betrieb. Insbesondere kleine und mittelständige Betriebe scheuen aber oftmals den Aufwand für die Dokumentation, gerade wenn es um eine regelmäßige Überprüfung der Unterlagen geht. Die Aktualität der Gefährdungsbeurteilung ist wichtig, wie der Schwerpunktartikel ab Seite 8 erläutert.
Für Unternehmen der Branche Textil und Mode hat die BG ETEM umfangreiche Hilfsmittel erarbeitet, die spezielle Gefährdungen in den einzelnen Branchengruppen
- Textilherstellung,
- Textilkonfektion,
- Schuhherstellung und -reparatur,
- Textilpflege
aufzeigen und Maßnahmen für deren Beseitigung vorschlagen. Damit kann mit geringem Aufwand die eigene Gefährdungsbeurteilung erstellt und regelmäßig aktualisiert werden.
„Praxisgerechte Lösungen“
Das von der BG ETEM entwickelte und für Mitgliedsbetriebe kostenlos bereitgestellte Programm „Praxisgerechte Lösungen“ bietet Führungskräften eine Möglichkeit, mithilfe von rund 700 Musterobjekten eine individuelle Gefährdungsbeurteilung für ihren Betrieb oder Betriebsbereich zu erstellen. Die Software ist sowohl für Kleinbetriebe mit Unternehmermodell als auch für größere Betriebe mit sicherheitstechnischer und arbeitsmedizinischer Regelbetreuung geeignet. Sie lässt sich leicht auf die betrieblichen Belange anpassen und bietet diese Bearbeitungsmöglichkeiten:
- Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung mit branchenspezifischen Musterkatalogen und Bearbeiter- und Terminverwaltung,
- umfangreiches Nachschlagewerk zu Gesetzen, Vorschriften sowie weiteren Schriften und Vordrucken der Berufsgenossenschaft,
- Vorlagen zur Mitarbeiterbefragung hinsichtlich psychischer Belastungen,
- Dokumente und Informationen zum Arbeitsschutz- und Betriebsmanagementsystem,
- Internet-Update auf aktuelle Gesetze und Vorschriften.
Für die textilen Branchen sind Musterkataloge in folgenden Technologien vorhanden:
- Allgemein: Büro und Arbeitsschutzorganisation übergreifend für alle Technologien
- Textilherstellung: Spinnerei, Flechterei, Strickerei und Wirkerei, Textilveredlung
- Textilkonfektion: Produktion (Zuschnitt, Näherei, Bügelei, Endkontrolle), Transport und Lagerung
- Schuhherstellung: Modellabteilung, Zuschnitt, Stepperei, Vorrichten, Bodenbau, Montage, Finish, Transport und Lagerung
- Schuhreparatur: Beratung und Verkauf, Werkstatt, Lager
- Textilpflege: Textilreinigung (Nassreinigen, Reinigen mit Lösemitteln, Bügeln), Wäscherei (Waschen, Trocknen, Mangeln, Bügeln), Transport und Lagerung
Die Installationsdatei und umfangreiches Informationsmaterial für die Software „Praxisgerechte Lösungen“ stehen auf der Internetseite der BG ETEM (siehe Info).
Programmversion aktualisieren
Wer bereits mit diesem Programm seine Gefährdungsbeurteilung erstellt und regelmäßig aktualisiert, sollte sicherstellen, dass die neueste Version 4.4.1. installiert ist. Wenn mit einer älteren Version gearbeitet wird, ist ein kostenloses Internet-Update sehr zu empfehlen. Dazu wird die Anwendung „Praxisgerechte Lösungen“ gestartet und in der Menüleiste „Einstellungen“ gewählt. Anschließend „Update über das Internet starten …“ anklicken. Das Internet-Update ist ab der Version 3.x sinnvoll.
Die aktuelle Programmversion 4.4.1 bietet viele Funktionsanpassungen und Neuerungen. Es ist jetzt möglich, den betrieblichen Katalog im Ganzen oder in Teilen anonymisiert außerhalb von „Praxisgerechte Lösungen“ zu speichern und als Paket anderen „Praxisgerechte Lösungen“-Nutzern zur Verfügung zu stellen.
Die Werkzeuge zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung können in zwei verschiedenen Arten dargestellt werden:
- Kompakter Modus: Mit allen wesentlichen Werkzeugen zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung.
- Expertenmodus: Mit allen Werkzeugen zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung, inkl. Netzwerk-Funktionen, Benutzerverwaltung, Ebenenverwaltung, Terminbearbeitung, Link-Verwaltung, umfangreiche Suche und Weiteres.
Die Handhabung des BG-Musterkatalogs wurde optimiert.
Die Risikobewertung wird mit zwei verschiedenen grafischen Werkzeugen angeboten und kann innerhalb eines Gefährdungsobjekts separiert zum Gefährdungsfaktor dokumentiert werden.
Die Handhabung, Dateitypen und Darstellung der verlinkten Elemente sowie der Druck wurden weiter verbessert.
Muster-Gefährdungsbeurteilungen anpassen
Die von der BG ETEM erarbeiteten Gefährdungsbeurteilungen können nur die allgemeinen Gefährdungen und beispielhafte Maßnahmen zur Gefahrenabwehr der einzelnen Branchen abbilden. Deshalb ist es notwendig, die Vorlagen an die individuellen Arbeitsbedingungen des eigenen Betriebs anzupassen. Die im Internet bereitgestellten Hilfsmittel, ob als Software „Praxisgerechte Lösungen“ oder als Checkliste, dienen daher lediglich als Muster zur Umsetzung der eigenen Gefährdungsbeurteilung.
Eine gute Gefährdungsbeurteilung enthält die relevanten Gefährdungen individuell für den jeweiligen Betrieb oder Betriebsbereich und die daraus abgeleiteten Maßnahmen, wie z. B.:
- technische Schutzmaßnahmen
- sichere Arbeitsweise durch Unterweisung
- Tragen der erforderlichen Persönlichen Schutzausrüstung
- Festlegung der erforderlichen Prüfungen (z. B. regelmäßige Prüfungen zum Vorhandensein bzw. zur Wirksamkeit derSchutzeinrichtungen)
Die getroffenen Maßnahmen müssen auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Wichtige Grundlage für die Ergänzung der Muster-Gefährdungsbeurteilung sind z. B. die Betriebsanleitungen der Hersteller von Arbeitsmitteln, Sicherheitsdatenblätter von Gefahrstoffen und eigene Erfahrungen(z. B. Beinahe-Unfälle).
Dr. Ronald Unger