Der Teufel steckt im DetailDas Ende 2018 in Kraft getretene Strahlenschutzrecht setzt eine EU-Richtlinie von 2013 in deutsches Recht um. Experten müssen künftig das Gesetz und die Verordnung parallel lesen, um den Überblick zu behalten.https://etem.bgetem.de/4.2019/titelstories/der-teufel-steckt-im-detailhttps://etem.bgetem.de/@@site-logo/logo_etem_magazin.png
Der Teufel steckt im Detail
Das Ende 2018 in Kraft getretene Strahlenschutzrecht setzt eine EU-Richtlinie von 2013 in deutsches Recht um. Experten müssen künftig das Gesetz und die Verordnung parallel lesen, um den Überblick zu behalten.
Neues Strahlenschutzrecht
Mehraufwand für den betrieblichen Strahlenschutz: Gesetz und Verordnung müssen künftig parallel gelesen werden
Das neue Recht beinhaltet neben dem Schutz bei beruflicher Strahlenexposition auch die Bereiche Medizin, Notfallschutz sowie den Schutz vor Radon in Gebäuden. Dazu wurde zum einen ein neues Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) formuliert, zum anderen wurden die Inhalte der alten Röntgen- und Strahlenschutzverordnung in einer neuen Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) zusammengefasst.
Das klingt zunächst sehr einfach, ist es aber nicht. Einige Teile der alten Regelungen zur beruflichen Strahlenexposition haben an Bedeutung gewonnen, indem man sie in das neue Gesetz aufgenommen hat:
Geltungsbereich
Begriffsbestimmungen
Strahlenschutzgrundsätze
Genehmigungs- und Anzeigeverfahren
Arbeitsplätze mit Exposition durch natürlich vorkommende Radioaktivität
Grenzwerte für beruflich exponierte Personen
Grenzwerte für die Exposition der Bevölkerung.
Ein Beispiel für die neue Bedeutung alter Regelungen ist die Einschränkung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit bei ärztlichen Untersuchungen. Das Gesetz enthält einerseits klar formulierte Vorschriften, andererseits aber auch viele Ermächtigungsparagrafen, also etwa „Die Bundesregierung wird ermächtigt bzw. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit wird ermächtigt, den ein oder anderen Sachverhalt durch Rechtsverordnung zu regeln.
Das bedeutet für den betrieblichen Strahlenschutz in Zukunft Mehraufwand. Dort, wo er bisher allein mit der Röntgen- oder der Strahlenschutzverordnung auskam, muss er nun Strahlenschutzgesetz und -verordnung parallel lesen, um Verweisen von dem einen in den anderen Text folgen zu können. Der Klarheit halber wird im Folgenden bei jedem Verweis die Rechtsquelle, also StrlSchG bzw. StrlSchV, mit angegeben.
Zum Thema „Schutz vor Radon“ verweisen wir auf den Beitrag „Radon: Bin ich betroffen? in „etem“ 6/2018. Der Bereich Notfallschutz wird in einem gesonderten Artikel vorgestellt.
Das Strahlenschutzgesetz
Einige Bereiche des Strahlenschutzgesetzes (StrlSchG) sind schon zum 1. Oktober 2017, der Rest ist zum 31. Dezember 2018 in Kraft getreten. Die Regelungen beziehen sich neben Notfallexpositionen auf geplante und schon bestehende Expositionssituationen.
Neben den Expositionssituationen werden drei Expositionskategorien unterschieden:
die Exposition der Bevölkerung,
die berufliche Exposition sowie
die medizinische Exposition.
Zur beruflichen Exposition ist anzumerken, dass sie keinen unteren Schwellenwert besitzt. Kann eine Person aus beruflichen Gründen eine Strahlenexposition von mehr als 1 mSv effektive Dosis pro Jahr erhalten, so wird diese Person als beruflich strahlenexponierte Person bezeichnet. Kann die Jahresdosis nicht größer als 6 mSv sein, wird sie als Kategorie B-Person bezeichnet; kann die Dosis größer als 6 mSv sein, heißt sie Kategorie A-Person (siehe Tabelle S. 12 unten).
So ist beispielsweise eine Schwangere, die sich aus beruflichen Gründen in der Nähe eines Vollschutzgerätes (StrlSchV § 21) aufhält, keine beruflich exponierte Person, wenn sie aufgrund dieser Arbeit keine effektive Dosis von mehr als 1 mSV erhalten kann. Sie ist jedoch einer beruflichen Exposition ausgesetzt, wenn sie aufgrund dieser Arbeit eine effektive Dosis unterhalb von 1 mSv erhält.
In diesem Fall ist StrlSchV § 69 zu beachten. Danach muss die berufliche Exposition der Schwangeren für jede Arbeitswoche ermittelt und ihr mitgeteilt werden. Zudem wurde u. a. die ehemals „beruflich strahlenexponierte Person“ zur „beruflich exponierten Person“.
Glossar
Da sich das neue Recht auch an Personen und Betriebe richtet, für die der Bereich Strahlenschutz Neuland ist, sind hier einige grundlegende Begriffsdefinitionen zusammengestellt:
Exposition: Einwirkung ionisierender Strahlung auf den menschlichen Körper durch äußere oder innere Exposition und das Ausmaß der Einwirkung (StrlSchG § 2 Abs. 1)
Geplante Exposition: Entsteht durch Tätigkeiten, in deren Zusammenhang eine Exposition verursacht wird oder werden kann (StrlSchG § 2 Abs. 2)
Bestehende Exposition: Besteht bereits, wenn eine Entscheidung über ihre Kontrolle getroffen werden muss (StrlSchG § 2 Abs. 4), z. B. die Exposition durch natürlich vorkommende radioaktive Stoffe
Notfallexposition: Entsteht durch einen Notfall und kann zu einer bestehenden Exposition übergehen (StrlSchG § 2 Abs. 3)
Notfall: Ereignis, das zu erheblichen Nachteilen für die Menschen, die Umwelt oder Sachgüter führen kann und das nicht durch im Vorfeld geregelte Maßnahmen bewältigt werden kann (StrlSchG § 5 Abs. 26)