Kleine Maßnahme – große Wirkung

Wer jeden Unfall ernst nimmt, kann die Zukunft seiner Beschäftigten sicherer gestalten. Eine Druckerei aus Köln lebt Arbeitssicherheit seit vielen Jahren und hat dies erneut unter Beweis gestellt.
Unfall an einer Wickelstation

Hier wird eine Wickelstation in einer Druckerei gezeigt. Man erkennt zwei große Rollen.

In der Wickelstation der Druckerei kam es zu einer Störung

Oft reicht eine kurze Unaufmerksamkeit oder ein ungünstiges Zusammenspiel verschiedener Faktoren. So auch im September 2018 am Standort Köln der DuMont Druck. Das Unternehmen druckt dort verschiedene Zeitungen und Anzeigenblätter der Region.

Schon lange verfolgt die DuMont Druck das Motto „Aus Unfällen lernen“: Der Betrieb hat in seiner Unternehmenskultur das Thema Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz verankert und zum zentralen Thema gemacht. Auch die Beinahe-Unfälle, bei denen niemand zu Schaden kommt, werden hinterfragt, sodass Maßnahmen abgeleitet werden können, um die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern.

Unfallhergang

Am Nachmittag des 11. September führte das Zusammentreffen mehrerer Faktoren zu einem Unfall mit verhältnismäßig glimpflichem Ausgang. Nach einer Störung an der Wickelstation (siehe Bild links oben) sollten zwei Betriebselektriker den Fehler an der Anlage beheben. Ein Mitarbeiter ging dabei in der Wickelstation in die Hocke, um besser an die störungsverursachenden Bauteile zu kommen. Sein Kollege stand währenddessen vor der Anlage, um Werkzeug anzureichen. Der Fehler war schnell gefunden. Einer der beiden ging ins Lager, um ein Ersatzteil zu besorgen. Der zweite blieb in der Wickelstation, um die defekte Komponente auszubauen.

In diesem Moment begann ein anderer Beschäftigter damit, die Wickelstationen für die nächste Produktion zu befüllen. Für diese Tätigkeit wird aufgrund des Gewichts der Wickelrollen ein Stapler verwendet (siehe rechtes Bild oben). Die dabei aufgenommene Rolle verhindert, dass der Fahrer den direkten Bereich vor der Rolle einsehen kann. Aus diesem Grund hat der Hersteller der Anlage Leitschienen konzipiert, die dabei helfen, die Rolle trotz eingeschränkter Sicht in die Station einzufahren. So kam es, dass der Staplerfahrer den Kollegen in der Wickelstation übersah.

Das Foto zeigt einen Gabelstapler. Er steht in einer Druckerei.

Ein Gabelstapler dient dazu, die Wickelstationen mit neuen Rollen zu befüllen

Er fuhr langsam in die Station und traf dabei den Rücken des Elektrikers. Dieser wurde durch die Wickelrolle nach vorne an die Stirnseite der Wickelstation gedrückt und machte sich geistesgegenwärtig durch lautes Schreien bemerkbar.

Der Staplerfahrer hörte die Schreie und stoppte. Ein herbeieilender Kollege wies ihn an, wieder hinauszufahren. Der Elektriker kam frei und trug einige Schnittverletzungen, Verstauchungen und Abschürfungen davon, in Anbetracht der Situation verhältnismäßig geringe Verletzungen.

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Einfache Lösung beugt umfassend vor

Nachdem sie den Verletzten versorgt hatten, untersuchten die Kollegen den Unfall und entwickelten eine sichere und einfache Maßnahme zur Unfallvermeidung, die schnell und kostengünstig umgesetzt werden konnte.

Um derartige Unfälle zu vermeiden, kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:

  • Es steht generell ein Kollege außerhalb der Anlage, um gegebenenfalls den Fahrer zu warnen.
  • Es werden Beschilderungen angebracht, die zeigen, dass in der Station gerade gearbeitet wird.
  • Eine technische Maßnahme verhindert das Einfahren in die Station.

Die ersten beiden Vorschläge können das Unfallrisiko nicht zu jeder Zeit völlig ausschließen. Der technischen Maßnahme ist daher der Vorzug zu geben. So hat der Betrieb für jede Anlage eine gelbe Stahlbarriere entwickelt, die manuell von oben eingehängt wird (siehe Bilder unten). Zusätzlich werden Schilder mit dem Hinweis angebracht, dass in der jeweiligen Station gearbeitet wird. Übersieht der Fahrer einmal das Schild, hält die Stahlbarriere ihn davon ab, in die Station einzufahren: eine einfache Maßnahme mit großer Wirkung!

Das Foto zeigt im Vordergrund eine gelbe Stahlbarriere vor der Wickelstation.

Eine technische Lösung beugt Unfällen in der Wickelstation vor: Die gelbe Stahlbarriere lässt sich einfach von oben manuell einhängen.

Diese Abbildung zeigt nochmals die gelbe Stahlbarriere. Sie blockiert die Einfahrt und sichert damit den Bereich innerhalb der Wickelstation.

Die Barriere blockiert die Einfahrt und sichert damit den Bereich innerhalb der Wickelstation

Beinahe-Unfälle im Blick

Betrachtet man die Unfallpyramide nach Frank E. Bird, der etwa 1,7 Millionen Unfälle analysiert hat, wird deutlich, dass auf einen tödlichen Unfall zehn schwere Unfälle kommen sowie 30 Unfälle, die einen medizinischen Einsatz erfordern, und 600 Beinahe-Unfälle.

Diese Grafik zeigt eine farbige Unfallpyramide nach Frank E. Bird.

Unfallpyramide nach Frank E. Bird

Im Umkehrschluss zeigt sich, dass auch das Risiko für schwere und tödliche Unfälle sinkt, wenn sich die Zahl der Beinahe-Unfälle reduziert. Ein wichtiger Schritt in Richtung Vision Zero, also zu einem unfallfreien Arbeiten.                                                                                        

Jeder Betrieb sollte die Chance nutzen, aus Unfällen und Beinahe-Unfällen zu lernen und damit das Risiko von schweren und tödlichen Unfällen zu reduzieren.

 

Martin Jilko

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