Vorbereitung der Bauarbeiten
Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von Personen- und Sachschäden ist es, vor Beginn der Bauarbeiten zu ermitteln, ob im vorgesehenen Arbeitsbereich Leitungen vorhanden sind. Hierbei handelt es sich um eine Holschuld des Auftragnehmers.
Elektrische Leitungen sind nach Möglichkeit immer freischalten zu lassen. Werden bei Erdarbeiten Gasleitungen angetroffen (gilt auch für stillgelegte oder vorübergehend außer Betrieb genommene), sind die erforderlichen Maßnahmen immer mit dem Betreiber abzustimmen.
Durchführung der Bauarbeiten
Bei elektrischen Leitungen ist so lange von anstehender Spannung auszugehen, bis der Betreiber ausdrücklich (schriftlich) die Spannungsfreiheit bestätigt hat. Das Hantieren mit nicht freigeschalteten Leitungen, z. B. Bewegen oder Hochhängen, ist eine elektrotechnische Arbeit, die nur von dafür qualifizierten Personen ausgeübt werden darf.
Andere Leitungen, insbesondere Gas- und Fernwärmeleitungen, gelten so lange als gefährdend, bis der Betreiber ausdrücklich die Durchführung der Schutz- und Sicherungsmaßnahmen bestätigt hat, für die er verantwortlich ist.
Die Schutzabstände zu den einzelnen Leitungen sind nach den Vorgaben der Leitungsbetreiber einzuhalten. Maschineller Aushub ist bis maximal 30 cm oberhalb oder seitlich der Leitung zulässig. Handschachtungen zum Freilegen von Leitungen müssen möglichst mit stumpfen, waagerecht geführten Werkzeugen, z. B. Schaufeln, vorgenommen werden. Im innerstädtischen Bereich sind Saugbagger besonders gut für Erdarbeiten in der Nähe erdverlegter Leitungen geeignet.

Grafik: Regelverlegetiefe von Kabeln und Leitungen
Sichern von freigelegten Leitungen
Freigelegte Leitungen müssen nach Vorgabe oder unter Mitwirkung des Betreibers gesichert werden. Punktuelle Aufhängungen sind wegen möglicher Beschädigungen, z. B. durch Knicke oder kleine Biegeradien, unzulässig. Der Einbau von geeigneten Unterstützungen muss mit dem Betreiber abgestimmt werden.
Bei Sicherungsarbeiten an Leitungen dürfen deren Dichtheit und Festigkeit nicht beeinträchtigt werden. So muss bei PVC- und Gussleitungen, die nahe zur Baugruben- oder Grabenwand liegen, mit dem Betreiber geprüft werden, ob zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich sind – zum Beispiel
- Leitungen freilegen, um sie während der Bauarbeiten beobachten zu können;
- unter Druck betriebene Leitungen nach Möglichkeit im Baubereich mit Schiebern absperren oder drucklos machen.
Auf jeden Fall ist vor Ort zu prüfen, ob Absperrvorrichtungen vorhanden und funktionsfähig sind. Vor zwölf Jahren gab es einen dramatischen Unfall, als eine Wasserleitung (6 bar) geborsten war und eine Baugrube so schnell vollgelaufen ist, dass ein Arbeiter sich nicht mehr retten konnte.
Grabenlose Bauverfahren
Grabenlose Bauverfahren finden zunehmend Verbreitung. Die Lage der vorhandenen Leitungen und die Bodenverhältnisse müssen allerdings exakt ermittelt werden, um Abweichungen des Bohrkopfes von der Sollachse zu vermeiden. Bei Bodenverdrängungsverfahren ist mit dem Leitungsbetreiber der Mindestabstand zu vorhandenen Leitungen festzulegen, um indirekte Leitungsbeschädigungen zu vermeiden.
Empfehlungen für Bauherren
Unfälle und Schäden bei Baumaßnahmen zu vermeiden ist im Interesse aller Beteiligten. Neben dem Einbringen von Trassenwarnbändern bei Neu- und Wiederverlegung von Leitungen wird empfohlen, nicht metallische Leitungen nach Möglichkeit mit Ortungseinrichtungen zu versehen, sodass diese mit geeigneten Ortungsgeräten später exakt lokalisiert werden können.
Das Herstellen von Suchschlitzen von Hand (Handaushub) ist explizit im Leistungsverzeichnis zu beschreiben. Diese Arbeiten können als eigene Position aufgenommen werden oder in anderen Leistungspositionen, die Erdarbeiten beschreiben, enthalten sein.
Wünschenswert ist eine zentrale Registrierung aller Leitungen mit exakten Angaben. Das private ASSIP-LeitungsInformationsZentrum (ALIZ) ermittelt mit Unterstützung von Behörden und Betreibern die Daten aller erdverlegten Leitungen. Unter www.aliz.de ist eine Adressliste aller Leitungsbetreiber im jeweiligen Baustellenbereich erhältlich.
Hartmut Oelmann