Die Grafik zeigt einen Mann in blauer Arbeitskleidung, der vor einer kubusförmigen Maschine steht. An der Maschine ist ein Warnhinweis-Aufkleber zum Tragen von Augenschutz angebracht. Der Mann hat den Mund zu einem Schrei geöffnet und führt eine Hand zu seinen Augen, in der anderen Hand hält er einen weißen Schlauch, aus dem Flüssigkeit austritt und auf den Boden tropft. Weitere Schläuche sind mit der Maschine verbunden. Rechts neben der Maschine steht ein fahrbarer Korb mit bunten Wäschestücken.

Die konzentrierte Kalilauge aus dem Schlauch der Dosieranlage verätzte das Auge eines Beschäftigten. Seine Sehfähigkeit blieb auf Dauer stark eingeschränkt.

Der Mitarbeiter einer Wäscherei sollte untersuchen, warum die automatische Dosierung nicht ausreichend Flüssigkeit förderte. Obwohl er keine Schutzbrille trug, zog der Beschäftigte den in Augenhöhe befindlichen Schlauch ab. Darin befand sich konzentrierte Kalilauge. Eine Kennzeichnung bzw. ein Hinweis auf die ätzende Lauge fehlte.

Die Pumpe war ausgeschaltet. Da der Schlauch aber aus ca. vier Metern Höhe zur Maschine geführt wird, reichte die Schwerkraft aus, um einen Spritzer ins Auge zu verursachen. Trotz des schnellen Einsatzes der vorhandenen Augenspülflaschen wurde das Auge so stark verätzt, dass die Restsehfähigkeit dauerhaft stark eingeschränkt bleibt.

Der Mitarbeiter war erst vier Wochen als Betriebselektriker im Unternehmen und für diese Tätigkeit unterwiesen. Die Unterweisung erstreckte sich jedoch nicht auf die Instandhaltung an der Waschmaschine. Insbesondere fehlte der Hinweis auf die Gefährdung durch die dort verwendeten ätzenden Gefahrstoffe.

Unterschätzte Gefahr

Waschmittel werden alltäglich in jedem Privathaushalt verwendet und daher nicht als gefährlich wahrgenommen. Die in gewerblichen Wäschereien verwendeten Produkte haben jedoch eine andere Rezeptur. Die konzentrierten Alleinwaschmittel sind sehr stark alkalisch (mit pH-Werten bis >12).

Dazu werden in Wäschereien auch Natriummetasilikat sowie Natronlauge oder Kalilauge zur Erhöhung der Alkalität verwendet. Die konzentrierten Laugen (pH-Wert von Kalilauge bis >14) wirken stark ätzend auf Haut und Schleimhäute.

Am stärksten gefährdet sind die Augen. Konzentrierte Laugen zerstören irreversibel die Strukturen im Auge, mit Trübung der Linse. Ein Spritzer kann daher schnell zum Verlust der Sehfähigkeit führen. Alkalische Flüssigkeiten penetrieren rascher als Säuren. Je stärker die Lauge ist, desto rascher kann sie eindringen. Die Schwere der Schädigung hängt von der Konzentration der Lauge, der Menge, der Dauer der Exposition und dem pH-Wert der Lösung ab. Eine irreversible Gewebeschädigung tritt bei einem pH-Wert von 11,5 und höher ein.

Das Bild zeigt eine transparente Schutzbrille mit schwarzem Halteband.

Wenn konzentrierte Kalilauge mit den Augen in Berührung kommt, kann das schnell zu irreversiblen Verätzungen führen. Das Tragen einer Schutzbrille ist daher absolut obligatorisch.

Gesetzliche Regelungen

Die Gefahrstoffverordnung fordert, dass der Arbeitgeber eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen darf, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergriffen wurden. In der Gefährdungsbeurteilung sind auch Tätigkeiten wie Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten zu berücksichtigen.

Arbeitgeber müssen den Beschäftigten eine schriftliche Betriebsanweisung zugänglich machen – in einer verständlichen Form und Sprache. Die Beschäftigten sind anhand der Betriebsanweisung über alle Gefährdungen mündlich zu unterweisen. Der Arbeitgeber hat ihnen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit geeignete Schutzkleidung und PSA zur Verfügung zu stellen. Beschäftigte sind verpflichtet, diese PSA zu verwenden.

Man sieht mehrere blaue Kunststofftonnen, an denen Schläuche angebracht sind. Rechts steht ein Mann in grauer Schürze, dicken grünen Schutzhandschuhen und schwarz umrandeter Schutzbrille, der ein helles Kunststoffrohr in eine Tonne einführt. Links an der Wand sieht man mehrere Aufkleber mit Gefahrenhinweisen zum Tragen von Augenschutz und Handschuhen.

Wenn in das das ansonsten geschlossene System von Gefahrstoffen eingegriffen wird, bietet die geeignete PSA – wie hier beim Lanzenwechsel an der Dosierstation – einen guten Schutz: Korbbrille, Schürze und Schutzhandschuhe.

Erste Hilfe

Ersthelferinnen und Ersthelfer müssen gelernt haben, eine effektive Augenspülung durchzuführen. Es müssen ausreichende Mengen an Spülflüssigkeit bereitstehen.Ist Lauge in die Augen gelangt, gilt: sofort handeln, um die ätzende Flüssigkeit so schnell wie möglich zu entfernen, sonst besteht die Gefahr der Erblindung. Die Erfahrung mit Laugenunfällen zeigt, dass der äußere Augenbereich sehr schnell und tiefgreifend geschädigt wird.

Die Erste Hilfe in Form einer intensiven Spülung des Auges mit ausreichenden Mengen an Spülflüssigkeit hat entscheidenden Einfluss auf den Verlauf und die Prognose. Der milde Wasserstrahl ist direkt auf das Auge zu richten, um die Lauge schnell zu verdünnen und auszuspülen. Die Augen sollten bei geöffneten Lidern mindestens zehn Minuten intensiv mit Wasser gespült werden. Unmittelbar danach müssen Betroffene zwingend von einem Augenarzt oder einer Augenärztin behandelt werden. Selbst bei sofortiger Spülung mit Wasser sind bleibende Schäden möglich. Nach Hautkontakt sind mit Lauge benetzte Kleidung und Schuhe sofort auszuziehen und die Haut mit viel Wasser zu spülen.

Persönliche Schutzausrüstung

In modernen Wäschereien werden Wasch- und Waschhilfsmittel in geschlossenen Systemen (Dosierstation) verwendet. Die Gefahr eines Kontakts zu Haut und Augen besteht, wenn der geschlossene Kreislauf geöffnet wird – beispielsweise beim Gebindewechsel an der Dosierstation oder wenn Leitungsanschlüsse entfernt werden.

Gerade beim Öffnen von Leitungen oder beim Abziehen von Schläuchen besteht immer die Gefahr, dass die darin befindliche Flüssigkeit unter Druck steht und beim Öffnen verspritzt. Eine Gefährdung von Haut und Augen besteht auch beim Abfüllen geringer Mengen alkalischer Flüssigkeiten von Hand. Bei diesen direkten Tätigkeiten mit Laugen ist das Tragen von geeignetem Augenschutz (Korbbrille) und Schutzhandschuhen unerlässlich. Die Hände werden durch Handschuhe aus geeigneten Materialien geschützt. Infrage kommen zum Beispiel Naturkautschuk/Naturlatex (ungepuderte und allergenfreie Produkte verwenden), Nitrilkautschuk/Nitrillatex, Butylkautschuk oder PVC, Materialstärke jeweils 0,5 mm. Defekte Handschuhe sind unverzüglich auszutauschen. Völlig ungeeignet sind Stoff- und Lederhandschuhe. Bei Spritzgefahr sind zusätzlich eine Gummischürze und Gummistiefel zu tragen.

Maßnahmen nach dem Unfall

Die Gefährdungsbeurteilung wurde überarbeitet, die Mitarbeiter auf die Gefahren bei Tätigkeiten mit Kalilauge unterwiesen. Die Schläuche wurden im Bereich der Anschlüsse mit einem Warnhinweis auf den gefährlichen Inhalt sowie dem Gebot, eine Schutzbrille zu tragen, versehen. Zur Begrenzung der Flüssigkeitssäule wird in Maschinennähe ein regulierbarer Absperrhahn zwischengeschaltet.

 

Dr. Siegfried Hoffmann