Diese Abbildung zeigt uns eine Freileitung an einem Stahlbetonmast.

Freileitung an einem Stahlbetonmast

Beim Rückbau von Freileitungen an Stahlbetonmasten mit tragbaren, handgeführten Trennschleifmaschinen mit Verbrennungsmotor – kurz: „Trennschleifmaschinen“ – können sich mechanische Gefährdungen ergeben. Diese sowie sicherheitstechnische und organisatorische Schutzmaßnahmen werden in diesem Beitrag vorgestellt.

Trennschleifmaschinen sicher verwenden

Wenn möglich sollten Beschäftigte immer im Bereich „6 Uhr“ (siehe Grafik S. 24 Mitte) schneiden. Berührt die Trennschleifscheibe den zu schneidenden Gegenstand von oben, entsteht eine Kraft, die vom Bediener wegzieht – das ist die sicherste Arbeitsweise.

Gefährdung durch Trennschleifmaschinen

Beim Trennen von Stahlbetonmasten mit einer Trennschleifmaschine sind zwei mechanische Gefährdungen von Bedeutung:

  1. Beim Arbeiten im sogenannten „oberen Quadranten der Schleifscheibe“ – bildlich betrachtet zwischen „9 und 12 Uhr“ – entstehen Reaktionskräfte, welche die Trennschleifmaschine veranlasst, am Stahlbetonmast „hochzuklettern“. Diese Kräfte können jedoch vom Maschinenbediener in der Regel aufgefangen werden.
  2. Wesentlich kritischer zu sehen ist das Einklemmen der Trennschleifscheibe im Stahlbetonmast, hauptsächlich beim Klemmen im Bereich dieses oberen Quadranten. So etwas kann insbesondere beim Auseinanderbrechen der Teile passieren, die getrennt werden sollen. Die dabei entstehenden Reaktionskräfte kann der Maschinenbediener auf keinen Fall beherrschen. Das liegt im Wesentlichen an der hohen Energie der drehenden Schleifscheibe.

Wird die Scheibe eingeklemmt, bewirken die Reaktionskräfte eine sofortige Drehbewegung der Trennschleifmaschine um den Massenschwerpunkt und somit in Richtung des Maschinenbedieners. Solch ein Vorgang wird auch als „Kick-Back“ bezeichnet, ein gefährlicher Rückschlag der Maschine.

Auswahl von Schutzmaßnahmen

Schutzmaßnahmen müssen in der Reihenfolge substituierende, technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen (STOP) angewendet werden:

  • Ein Abtransport mit Entsorgung eines ganzen, d. h. nicht zerlegten Stahlbetonmastes kommt einer Substitution gleich. Denn dann ist der Einsatz einer Trennschleifmaschine nicht erforderlich und die Gefahr wird an der Quelle beseitigt. Gleiches gilt, wenn z. B. ein Bagger mit Betonschere oder Abbruchhammer bzw. Meißel eingesetzt werden kann. Dies ist das höchste erreichbare Schutzniveau und muss immer geprüft werden. Unter Umständen sind vorhandene Anbauteile vor dem Abtransport zu entfernen.

  • Technische Schutzmaßnahmen, wie sie z. B. bei Motorkettensägen bekannt sind und die ein schnelles Stillsetzen der Trennschleifscheibe bewirken, werden bereits auf dem Markt angeboten. Diese etwas leistungsreduzierten Geräte sind mit einem Sensor ausgestattet, der ein Kick-Back identifiziert und die Trennschleifscheibe stillsetzt.

  • Organisatorische Schutzmaßnahmensind ergänzend zu ergreifen/auszuwählen – z. B. ein sicheres Arbeitsverfahren und eine besondere Qualifikation des Bedienpersonals.

  • Eine vor den mechanischen Gefährdungen schützende persönliche Schutzausrüstung (PSA) gibt es derzeit nicht.

Voraussetzungen für die Verwendung einer Trennschleifmaschine

Wenn der Einsatz einer Trennschleifmaschine unumgänglich ist, sind mehrere Voraussetzungen zu erfüllen. Sie werden im Folgenden näher beschrieben.

Organisatorische Voraussetzungen

a) Gefährdungsbeurteilung

Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung für sämtliche Tätigkeiten an Freileitungen erstellen – und somit auch für den Rückbau von Stahlbetonmasten. Diese Gefährdungsbeurteilung ist unter Umständen mit Blick auf die jeweilige Situation vor Ort zu ergänzen (siehe „info“). Dabei ist das Arbeitsverfahren zu bestimmen, mit dem der Stahlbetonmast bearbeitet werden soll. Die für den Einsatz benötigten technischen Geräte müssen am Arbeitsort vorgehalten werden – z. B. Baustellenfahrzeuge, die einen am Boden liegenden Stahlbetonmast drehen können.

Als geeignete Schutzmaßnahmen gelten grundsätzlich:

  • Arbeitsbereich freihalten, Stolperstellen beseitigen.

  • Rückzugsgebiet sicherstellen.

  • Nicht unter schwebender Last arbeiten.

b) Gebrauchsanleitung

Die Sicherheitshinweise der Gebrauchsanleitungen des jeweiligen Herstellers der Trennschleifmaschine sind zu beachten.

c) Betriebsanweisung, Unterweisung

Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung müssen in eine Betriebsanweisung überführt werden. Die Beschäftigten sind anhand der Betriebsanweisung zu unterweisen und die Unterweisungen sind zu dokumentieren.

d) Einsatz fachkundiger Geräteführer

Gemäß DGUV Regel 100-001 „Grundsätze der Prävention“ müssen Unternehmer vor der Vergabe eines solchen Auftrags prüfen, ob die dafür vorgesehenen Personen zuverlässig und fachkundig sind:

Zuverlässig sind die vorgesehenen Personen, wenn zu erwarten ist, dass sie die Arbeitsschutzaufgaben mit der gebotenen Sorgfalt ausführen.

Fachkundig sind Personen, die das einschlägige Fachwissen und die praktische Erfahrung aufweisen, um ihre Aufgaben sachgerecht auszuführen. Inwieweit hier auch ein Fachkundenachweis eines Geräteführers erforderlich sein wird – wie z. B. der Motorkettensägeschein für das Bedienen von Motorkettensägen –, wird derzeit noch diskutiert. Zu empfehlen ist zumindest eine Beratung oder der Besuch einer Schulung des jeweiligen Herstellers.

Ergonomische Aspekte

Auch die Körperhaltung des Maschinenbedieners während des Trennvorgangs ist von Bedeutung. Kein Körperteil darf sich im verlängerten Schwenkbereich der Trennschleifscheibe befinden, und er darf sich nicht zu weit vor- und niemals über die Trennschleifscheibe beugen (siehe Illustration).

Diese Illustration zeigt einen Arbeiter von oben. Er bedient eine Trennschleifscheibe. Er darf sich nicht über die Trennschleifscheibe beugen.

Richtige Haltung: Der Arbeiter darf sich nicht über die Trennschleifscheibe beugen

Technische Anforderungen

a) Trennschleifmaschine, Trennschleifscheibe

Voraussetzungen für sicheres Arbeiten sind geprüfte und intakte Trennschleifmaschinen und -scheiben. Insbesondere muss gesichert sein, dass die Schutzhaube nur in ihrem herstellerseitig vorgegebenen Verstellbereich bewegt werden kann. In der Praxis lässt sich leider oft beobachten, dass der dazu angebrachte Sicherungsbolzen entfernt oder unwirksam gemacht wird. Dadurch wird die Schutzfunktion erheblich außer Kraft gesetzt. Zudem müssen die Trennschleifscheiben für die Bearbeitung von Stahlbeton geeignet sein. Hierzu sind die Vorgaben der Schleifscheiben-Hersteller zu beachten.

b) Nassschnitt

Für eine ausreichende Wasserzufuhr ist zu sorgen. Ein Trockenschnitt ist in keinem Fall zulässig, da hier – neben einer extremen Staubentwicklung – Wärme entsteht, während gleichzeitig Kühlung und Schmierung ausbleiben. Dadurch wird der „Kick-Back“ begünstigt. Die BG ETEM weist ausdrücklich darauf hin, dass nur mit ausreichender Wasserzufuhr getrennt werden darf. Kühlung und Schmierung sind unverzichtbar.

Einsatz persönlicher Schutzausrüstung

Hierzu zählen:

  • Schutzhelm,

  • Schutzbrille,

  • Gehörschutz,

  • Fußschutz,

  • Spritzschutzkleidung und

  • Arbeitshandschuhe.

Die Kleidung muss frei von brennbaren Ablagerungen sein (wie z. B. Öl, Späne, Kraftstoff). Es darf nur eng anliegende Kleidung getragen werden. Lange Haare müssen zusammengebunden und gesichert werden, z. B. mithilfe eines Haarnetzes.

Beispiele für den sicheren Einsatz von Trennschleifmaschinen

Stahlbetonmast zerlegen (am Boden liegend, drehbar):

Der am Boden liegende Stahlbetonmast wird stets im oberen Bereich durchtrennt und Stück für Stück um seine axiale Achse gedreht. Beim letzten Schnitt brechen die Teile auseinander, wobei sich die Schnittfuge öffnet. Wichtig ist hier die Anordnung der beiden Holzbalken: Sie müssen sich in der Nähe der Schnittfuge befinden, sodass die beiden Massenschwerpunkte der auseinanderbrechenden Teile ein Öffnen der Schnittfuge bewirken.

Die Illustration zeigt wie die Trennschleifscheibe das Material von oben berührt, sie zieht die Kraft vom Bediener weg.

Berührt die Trennschleifscheibe das Material von oben, zieht die Kraft vom Bediener weg

zwei Illustrationen:  Illustration 1: Die Illustration zeigt den Holzbalken und die rotierende Trennschleifscheibe. Illustration 2: Die Illustration zeigt den Spalt, der sich verengt hat. Aufgrund falscher Lagerung verengt sich der Spalt und klemmt die rotierende Trennschleifscheibe ein.

Aufgrund falscher Lagerung verengt sich der Spalt und klemmt die rotierende Trennschleifscheibe ein

Stahlbetonmast zerlegen (am Boden liegend, nicht drehbar):

Ist es nicht möglich, den Stahlbetonmast zu drehen, wird neben der Trennschleifmaschine ein Gesteinschneider benötigt – eine mit Diamantsegmenten bestückte Kette. Zunächst werden die seitlichen Flanken getrennt, wobei der untere Bereich unberührt bleibt. Unter Umständen muss hierzu der Stahlbetonmast erhöht gelagert werden. Dann wird der untere Bereich mittels Gesteinschneider durchtrennt. Zum Schluss wird der obere Bereich durchtrennt.

Alternative Verfahren zum Rückbau von Stahlbetonmasten

Stahlbetonmast fällen

Nach Möglichkeit den Stahlbetonmast im Ganzen mithilfe einer Baumaschine, Winde o. Ä. umziehen oder umlegen. Ist das nicht möglich, etwa weil das Fundament zu groß ist, kann alternativ zunächst der Fuß des Stahlbetonmastes mithilfe eines Abbruchhammers teilweise aufgebrochen und die Armierungseisen mit einem Schneidbrenner durchgetrennt werden. Das Reststück zerbricht beim Umdrücken des Mastes. Das anschließende Zerlegen geschieht auf gleiche Art und Weise.

Das Foto zeigt einen kleinen gelben Bagger, der versucht einen Stahlbetonmast umzulegen.

So geht es richtig: Ein am Fuß präparierter Stahlbetonmast wird umgelegt

Seilsäge

Der stehende Stahlbetonmast wird mithilfe eines Schlupps und Krans leicht angehoben, also auf Zug gespannt. Die am Mastfuß angeflanschte Seilsäge zieht ein mit Diamanten bestücktes Seil unter Zugabe von Wasser langsam durch den Mast hindurch. Mit Keilen kann der Mast zusätzlich gegen Absacken gesichert werden. Nach dem Fällen kann der Stahlbetonmast auf gleiche Art und Weise zerlegt werden.

Das Bild zeigt einen Mastfuss an dem eine Seilsäge angeflanscht ist.

Die am Mastfuß angeflanschte Seilsäge zieht ein Diamanten-bestücktes Seil durch den Mast

Der Vorteil dieses Verfahrens ist die Bedienung der Seilsäge aus sicherer Entfernung, d. h. der Bediener befindet sich außerhalb des Gefahrenbereichs.

 

Axel van Ryn