Die Grafik zeigt eine Figur in blauer Arbeitskleidung, er trägt einen schwarzen Schutzhelm mit Visier. Er sitzt vor einem Tisch und bearbeitet mit einem Schweißgerät ein Metallwerkstück. Über der Arbeitsfläche sieht man einen Schlauch mit trichterförmiger Öffnung, der zu einem großen grauen Gehäuse führt, das links neben dem Tisch steht.

Die Freisetzung von Gefahrstoffen bildet ein hohes Gesundheitsrisiko bei Schweißarbeiten

Thermische Füge- und Trennprozesse, z. B. Schweißen, Brennschneiden, Löten, Flammspritzen, Laserschneiden, zählen zu den gebräuchlichsten Arbeitsverfahren nicht nur in der mechanischen Fertigung. Neben vielen technischen und technologischen Vorteilen bergen diese Verfahren aber auch einige Nachteile – denn für die Beschäftigten entstehen bei der Anwendung häufig Gefährdungen.

Eine wesentliche, oft auch sichtbare Gefährdung ist das Freisetzen von Gefahrstoffen. Dazu zählen je nach Verfahren Schweißrauche, Lötrauche, Metalle und deren Verbindungen sowie gasförmige Stoffe. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss ermittelt werden,

  • welche Stoffe bei den schweißtechnischen Tätigkeiten jeweils auftreten,
  • welche stoff- und verfahrensspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen sind und
  • wie Schutzmaßnahmen dem Grad der Gefährdung entsprechend ausgewählt und umgesetzt werden müssen.

Bei der Ermittlung und Bewertung der teilweise komplexen Zusammenhänge unterstützt die aktualisierte Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 528 „Schweißtechnische Arbeiten“. Deren Überarbeitung war u. a. deshalb notwendig, weil die letzte Ausgabe der Regel aus dem Jahr 2009 datierte und sie nicht mehr den aktuellen Anforderungen der Gefahrstoffverordnung entsprach.

Bei der Aktualisierung waren insbesondere das risikobezogene Maßnahmenkonzept für krebserzeugende Stoffe sowie die inzwischen veröffentlichten neuen, deutlich abgesenkten Grenzwerte zu berücksichtigen. Im Vordergrund stehen hier die Grenzwerte für

  • krebserzeugende Metalle und Verbindungen
  • Mangan und seine Verbindungen und
  • der neue Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) für die A-Staubfraktion.

Beurteilung häufig angewendeter Schweißverfahren anhand von Emissionsraten (Zuordnung zu Emissionsgruppen)

Verfahren
(beispielhafte Aufzählung)
Emissionsrate1)
(mg/s)
Emissionsgruppe

UP-Schweißen

< 1

niedrig

Gasschweißen (Autogenverfahren)

< 1

niedrig

WIG

< 1

niedrig

Laserstrahlschweißen ohne Zusatzwerkstoff

1 bis 2

mittel

MIG/MAG (energiearmes Schutzgasschweißen)

1 bis 4

mittel bis hoch

Laserstrahlschweißen mit Zusatzwerkstoff

2 bis 5

hoch

MIG (Massivdraht, Nickel, Nickellegierungen)

2 bis 6

hoch

MIG (Aluminiumwerkstoffe)

0,8 bis 29

niedrig bis sehr hoch

MAG (Massivdraht)

2 bis 12

hoch

LBH

2 bis 22

hoch

MAG (Fülldraht-Schweißen mit Schutzgas)

> 25

hoch bis sehr hoch

MAG (Fülldraht-Schweißen ohne Schutzgas)

> 25

sehr hoch

Weichlöten

< 1

niedrig

Hartlöten

1 bis 4

mittel bis hoch

MIG-Löten

1 bis 9

mittel bis hoch

Laserstrahlschneiden

9 bis 25

hoch bis sehr hoch

Autogenes Brennschneiden

> 25

sehr hoch

Plasmaschneiden

> 25

sehr hoch

Lichtbogenspritzen

> 25

sehr hoch

Flammspritzen

> 25

sehr hoch

1)Erfahrungswerte, die im Einzelfall durch Optimierung der Prozessparameter noch reduziert werden können.

Quelle: TRGS 528

Neue Techniken

Seit 2009 haben sich auch der Stand der Technik bei den schweißtechnischen Verfahren und bei Schutzmaßnahmen verändert. Neue Techniken wie z. B. additive Fertigungsverfahren (3-D-Druck) mit Metallpulvern fanden mittlerweile ihren Weg in die Praxis und werden in verschiedenen Branchen erfolgreich angewendet.

Die Voraussetzung einer fachkundigen Gefährdungsbeurteilung ist für schweißtechnische Tätigkeiten und Prozesse eine detaillierte Informationsermittlung. In der TRGS 528, Abschnitt 3.1, finden sich hierzu zunächst allgemeine Hinweise. Dies sind z. B. die allgemein bekannten Daten zu den erwarteten Partikelgrößen, die unter anderem für die Bewertung wichtig sind, wie viele der Partikel bis in die Alveolen gelangen können. Beim Schweißen, thermischen Schneiden, Löten und dem Fugen werden fast ausschließlich alveolengängige Partikel freigesetzt. Beim thermischen Spritzen hingegen ist auch mit größeren Teilchen zu rechnen. Sie gelangen oft nur bis in die oberen Atemwege, können aber auch dort gesundheitsschädigend wirken.

Weitere Hinweise zu freigesetzten Stoffen sind konsequent verfahrensbezogen strukturiert. Wo nötig weist die TRGS 528 in einzelnen Fällen auch auf werkstoffspezifische Besonderheiten hin, meist aufgrund der Zusammensetzung des Zusatzwerkstoffs oder vorhandener Beschichtungen des Grundwerkstoffs. Damit ergeben sich für den Anwender bereits erste Informationen, ob Schweißrauche, Lötrauche oder auch freigesetzte Gase vorhanden sind und wie sie sich zusammensetzen.

Aber ist ihre Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz immer gesundheitsgefährdend? Dass verschiedene Schweißverfahren unterschiedliche Mengen an Gefahrstoffen emittieren, ist bekannt. Diese Tatsache geht als ein wesentliches Kriterium in die Gefährdungsbeurteilung ein (siehe Tabelle oben).

Diese Daten sind für gezielte Substitutionsbemühungen hilfreich. Grundsätzliche Angaben zu Emissionsraten von Schweißzusatzwerkstoffen enthalten die Schweißrauchdatenblätter nach DIN EN ISO 15011-4 „Arbeits- und Gesundheitsschutz beim Schweißen und bei verwandten Verfahren“. Konkrete Tätigkeits- und verfahrensbezogene Daten zur Exposition gegenüber Schweißrauchen und deren Komponenten erhält man in der Regel jedoch nur durch Gefahrstoffmessungen am Arbeitsplatz.

Da auf die Schweißrauchemission mehrere Faktoren Einfluss haben – vom Werkstoff über das Verfahren, die Schweißposition bis hin zur Person des Schweißers oder der Schweißerin –, ist es für aussagekräftige Expositionsermittlungen sinnvoll, mehrere Messungen durchzuführen. Ergänzend zu den allgemeinen Anmerkungen in Abschnitt 3.1 enthält Anhang 4 in den Tabellen 5 – 8 die zu messenden Gefahrstoffe (repräsentative Messgrößen) bezogen auf Verfahren und Werkstoffe bzw. Werkstoffgruppen.

Wenn Schweißrauche in gesundheitsgefährdender Menge auftreten, bieten sich, wie so oft im Arbeitsschutz, mehrere Möglichkeiten zur Verringerung der Exposition an. Doch welche Schutzmaßnahme oder welche Kombination von Maßnahmen ist jeweils am besten geeignet? Das Vorgehen bei der Gefährdungsbeurteilung und das Niveau der Schutzmaßnahmen werden wesentlich von der Frage bestimmt, ob krebserzeugende Gefahrstoffe freigesetzt werden. Ist dies der Fall, sind die Regelungen der TRGS 910 „Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen“ zu beachten und die dort abgeleiteten Beurteilungsmaßstäbe anzuwenden. Werden diese bei schweißtechnischen Tätigkeiten überschritten, muss ein Maßnahmenplan zur Expositionsminderung erstellt werden.

Substitutionsprüfung

Die Suche nach Lösungen, um Expositionen zu vermeiden oder wirksam zu mindern, beginnt immer mit der Substitutionsprüfung. Diese beinhaltet bei schweißtechnischen Tätigkeiten die Fragen:

  • Kann z. B. ein anderes Füge- oder Trennverfahren angewendet werden?
  • Stehen Verfahren mit einer geringeren Emissionsrate zur Verfügung?
  • Können Zusatzwerkstoffe mit geringeren Legierungsgehalten problematischer Inhaltsstoffe eingesetzt werden?

Erste Hinweise dazu werden in der TRGS 528 in Abschnitt 4.2 dargestellt. War die Substitutionsprüfung nicht erfolgreich, müssen vorrangig technische bzw. technisch-bauliche Schutzmaßnahmen angewandt werden. Erste Wahl bei schweißtechnischen Tätigkeiten sind – neben der Optimierung schweißtechnischer Verfahrensparameter wie z. B. Schweißspannung, -strom, Lichtbogenart und Schutzgaszusammensetzung durch Gerätetechnikhersteller sowie -zulieferer – Absaugungen nach dem Stand der Technik.

Erfassungseinrichtungen und Absaugtechnik haben die Aufgabe, Schweißrauche möglichst nahe an der Entstehungsstelle zu erfassen, abzuführen, zu reinigen und fortzuleiten oder, sofern gestattet, gereinigt in den Arbeitsbereich zurückzuführen. Dies klingt einfach und überzeugend, stellt in der Praxis aber häufig ein Problem dar. Große oder auch komplex geformte Bauteile und Konstruktionen machen meist ein ständiges manuelles Nachführen der Erfassungseinrichtungen erforderlich.

Reicht das Absaugen für die Einhaltung der Grenzwerte nicht aus, müssen weitergehende Maßnahmen ergriffen werden. Bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen hilft Anhang 2 der TRGS 528. Im Schema der Entscheidungshilfe (siehe Abbildung) ist übersichtlich dargestellt, wie der Auswahlprozess umgesetzt werden kann. Das dort geschilderte Vorgehen bei der Auswahl der Schutzmaßnahmen für den Schweißer bedeutet keine grundsätzliche Abkehr von der Rangfolge der Maßnahmen und den Vorgaben der Gefahrstoffverordnung. Vielmehr wird das Erreichen des Schutzziels der Verordnung durch Umsetzung jeweils der tätigkeitsbezogen wirksamsten Maßnahmen beschrieben.

Entscheidend ist immer das Ergebnis der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleitete Auswahl der Schutzmaßnahmen. In das Schema ist die Erfahrung eingeflossen, dass bei einer nicht ausreichenden Absaugung auch die Installation von aufwendigen, technisch komplexen und sehr teuren raumlufttechnischen Anlagen allein häufig nicht die gewünschte Grenzwerteinhaltung sichert.

 

Die Grafik zeigt ein Flussdiagramm mit den Schutzmaßnahmen bei schweißtechnischen Arbeiten. Zur Erläuterung der örtlichen Zuordnung stehen bei einigen Arbeitsschritten grüne Kreise mit Zahlen, die rechts auf einem stilisierten Fabrikgebäude mit Strichmännchen nochmals die entsprechenden Stellen markieren.

Schutzmaßnahmen bei schweißtechnischen Arbeiten

Hauben oder Helme

Einen deutlich besseren Schutz für Beschäftigte bietet hier die Nutzung von nicht belastendem Atemschutz (gebläseunterstützte Hauben oder Helme) als Persönliche Schutzausrüstung. In der Praxis stellt sich die Situation häufig so dar, dass nicht nur die Schweißer selbst exponiert sind. Auch Helfer oder andere Beschäftigte im Arbeitsbereich sind in erheblichem Maß betroffen. Zum Schutz ihrer Gesundheit müssen die Grenzwerte natürlich dennoch eingehalten werden.

Sind Maßnahmen über eine Absaugung am Schweißarbeitsplatz hinaus notwendig, sollten vorrangig baulich-technische Maßnahmen angewendet werden. Diese können z. B. als

  • räumliche Trennung (vollständige bauliche Trennung des Schweißbereichs von übrigen Arbeitsbereichen) oder als
  • räumliche Abtrennung (bestehend z. B. aus verschiebbaren Stellwänden oder Vorhängen) ausgeführt sein.

Ein auf diese Art verkleinerter Schweißbereich lässt sich in der Regel auch mit deutlich geringerem Aufwand (energetisch, technisch und vor allem betriebswirtschaftlich) effektiv be- und entlüften.

Filtertürme

Immer häufiger sind in Unternehmen sogenannte Filtertürme anzutreffen. Diese stationären Einrichtungen saugen belastete Luft aus dem Raum an, filtern sie und führen die gereinigte Luft in den Raum zurück. Als alleinige Schutzmaßnahme sind sie aber ungeeignet, da sie keine wirksame Erfassung an der Entstehungsquelle gewährleisten – wie dies in der Gefahrstoffverordnung gefordert ist. Auch die von den Herstellern beworbenen hohen Abscheidegrade für Partikel nützen letztlich nur dann, wenn ein möglichst großer Teil der Rauche schon vorher erfasst wurde. Als ergänzende Schutzmaßnahme zusätzlich zu einer Absaugung können Filtertürme für eine Reinigung der Luft im Umgebungsbereich der Schweißstelle aber durchaus sinnvoll sein.

Entscheidende Voraussetzung für wirkungsvolle Schutzmaßnahmen bleibt eine möglichst vollständige Erfassung der Schweißrauche nach dem Stand der Technik. Ergänzt wird das Fließschema zur Auswahl der Schutzmaßnahmen deshalb durch praxisorientierte Angaben zu nachfolgend genannten Kriterien, die die Auswahl der Erfassungsart unterstützen und erleichtern (vgl. Anhang 2 Nr. 2 der TRGS).

  • Schweißtechnisches Verfahren
  • Art des Prozesses
  • Lage der Schweißnähte
  • Werkstückanzahl
  • Größe der Bauteile
  • Länge der Schweißnähte

Aus der Praxis für die Praxis

Insbesondere für Praktiker hilfreich sind die branchenspezifischen Informationen im Anhang 3 der TRGS. Fachexperten aus den jeweiligen Branchen haben Daten und auch Erfahrungen zusammengestellt und aufbereitet, die das Erstellen der Gefährdungsbeurteilung erleichtern. Die Ausführungen konkretisieren bzw. vervollständigen die in Abschnitt 4 aufgeführten allgemeinen Schutzmaßnahmen für bestimmte Branchen und Tätigkeiten.

Betrachtet man die Expositionssituation über viele Branchen hinweg, so zeigt sich, dass Grenzwertüberschreitungen – insbesondere für Metalle und Metalloxide – keine Einzelfälle sind. Diese Einschätzung zeigt sich vor allem in den letzten Jahren, d. h. seit der Absenkung der Beurteilungsmaßstäbe für krebserzeugende Metalle und ihre Verbindungen, noch deutlicher als vorher. An einer Reihe von Arbeitsplätzen wird es deshalb künftig zwingend notwendig sein, Atemschutz zu nutzen. Im Abschnitt 4.7 finden sich konkrete Angaben zu geeigneten Atemschutzgeräten für schweißtechnische Tätigkeiten. Diese sind so lange erforderlich, bis adäquat wirksame technische Lösungen verfügbar und umgesetzt sind.

Fazit

Die neue TRGS 528 ebnet den Weg für eine fachkundige Gefährdungsbeurteilung durch zahlreiche Hinweise zur Informationsermittlung und Vorschläge für bewährte Schutzmaßnahmen. Sie verdeutlicht gleichzeitig die Notwendigkeit einer intensiven Zusammenarbeit aller am Arbeitsschutz beteiligten Partner.

                                                        

Michael Piskorz