Drei weiße Karten, beschriftet mit: hohe Miete, weniger Umsatz, keine Kunden.

Gutes Krisenmanagement setzt voraus, dass man sich ein klares Bild des Ist-Zustandes macht

Wie gehe ich mit Dingen um, die ich nicht ändern kann? Und kann ich sie wirklich nicht ändern? Für Ralf Besser hängt die Antwort auf diese Fragen auch von der inneren Haltung ab. Der langjährige Unternehmensberater und Coach beschäftigt sich mit Methoden, die es Unternehmerinnen und Unternehmern ermöglichen sollen, ihre auch in einer Krise bestehenden Chancen zu erkennen und zu nutzen.

1. Wie ist meine derzeitige Situation?

3 weiße Karten, beschriftet mit: hohe Miete, weniger Umsatz, keine Kunden

Zuerst sollte man die eigene Situation möglichst exakt erfassen.

Die wichtigsten Umstände werden jeweils auf einer Karte notiert. „Schreiben Sie nicht einfach: Corona-Krise“, rät Ralf Besser. „Denn die ist nur der Auslöser. Gehen Sie auf die Folgen ein.“ Beispiele können sein: Die Kunden bleiben weg, meine Umsätze brechen ein oder wir müssen Kurzarbeit anmelden. Ziel ist es, sich möglichst genau Klarheit zu verschaffen.

2. Welche Fakten kann ich nicht ändern?

2 weiße Karten, beschriftet mit: hohe Miete, weniger Umsatz, links daneben ein Pfeil zu dem Satz "nix zu machen"

 

Im zweiten Schritt folgt eine Klassifizierung der Probleme.

Welche Tatsachen muss ich als Unternehmerin oder Unternehmer einfach hinnehmen. Woran kann ich nichts ändern? Das können gesetzliche Vorgaben ebenso sein wie die Notwendigkeit, Geld für die Familie zu verdienen oder Miete zu zahlen. Auch positive Fakten wie mögliche Reserven auf dem Konto oder ein schuldenfreies Haus gehören dazu.

3. Woran kann ich arbeiten?

Karte mit Aufschrift "keine Kunden" , rechts daneben ein Pfeil zu "daran arbeite ich".

Es gilt, den eigenen Handlungsspielraum auszuloten.

Welche Fakten sind beeinflussbar? Was kann ich selbst gestalten? „Ich kann auch in schwierigen Zeiten für meinen Betrieb oder meine Dienstleistung werben“, erklärt Besser. Ich kann neue Ideen entwickeln, einen Kredit aufnehmen, mich um einen Zusatzjob bemühen oder die plötzlich gewonnene Zeit zur Weiterbildung nutzen. Und wenn alle Stricke reißen, ist auch der Antrag auf Kurzarbeit eine mögliche Option. Es gilt herauszufinden, was zur eigenen Situation passt.

4. Ist unveränderlich wirklich nicht zu ändern?

Zwei weiße Karten, beschriftet mit: "hohe Mieten" und "weniger Umsatz", daneben ein Fragezeichen

„Jetzt wird es spannend“,

meint Ralf Besser. Die unveränderlichen Tatsachen kommen auf den Prüfstand. Kann ich sie wirklich zu 100 Prozent nicht verändern? Kann ich nicht vielleicht mit dem Vermieter über eine Stundung verhandeln? Helfen Lieferservice oder Videoberatungen, um über die Zeit der Schließung zu kommen? „Man kann mehr beeinflussen als zunächst gedacht“, so Besser. Das Ergebnis: Einige Probleme verlieren einen Teil ihres Schreckens und rutschen weiter ins Feld der veränderbaren Tatsachen.

5. Wie stark betreffen mich die einzelnen Dinge?

Grafik von verschieden großen Kreisen in Grautönen mit verschiedenen Mustern

Die gesammelten Fakten werden mit drei Farben bewertet:

Rot steht für kritisch, Grün für förderlich und Blau heißt: Das betrifft mich eigentlich nicht. Optimalerweise sollte man pro Bewertung 1 bis 3 Punkte vergeben. So erhält man einen Eindruck zur Einschätzung der eigenen Lage. „Dieses Bild hilft dabei, der Situation lösungsorientierter zu begegnen“, erklärt Ralf Besser. „Das schafft eine andere innere Qualität, vielleicht eine neue Haltung.“

 6. Wie kann ich an die Probleme herangehen?

Fragezeichen

 

„An dieser Stelle blicken wir zurück auf die übrigen nicht veränderbaren Tatsachen“,

erklärt Besser. Mit welcher inneren Überzeugung habe ich die Situation bisher betrachtet? Kann ich vielleicht mit einer anderen Haltung an das Problem herangehen? Denke ich, dass alles immer schlimmer wird, oder versuche ich konstruktiv an die Probleme heranzugehen? „Natürlich wollen wir an dieser Stelle den positiven Weg gehen, denn mit dem Glaubenssatz ‚ich bin machtlos‘ wird man nichts erreichen können.“ Sinnvoll kann vielleicht ein Satz sein wie: „Ich versuche das Problem auch als Chance zu sehen.“

7. Was kostet mich meine neue Haltung?

Plus- und Minuszeichen mit Querstrich dazwischen

 

Es geht um Klarheit:

Was ist der Vorteil der möglichen neuen Haltung und was ist vielleicht so etwas wie ein Preis, ein Risiko der neuen Überzeugung? „Die Haltung: Ich versuche in der Krise eine Chance zu sehen“, erklärt Besser, „bedeutet zum einen sich handlungsfähiger zu erleben, zum anderen fordert sie aber auch eine gute Portion Mut ein.“

8. Und nun?

Seitensymbol, beschriftet mit: Mein Plan

„Am Ende des Prozesses kommt der entscheidende Schritt“,

so Besser, „ein konkreter Maßnahmenplan.“ Es gilt, an den Punkten mit den größten Erfolgsaussichten anzusetzen. Vielleicht ergeben sich neue Geschäftsideen. Vielleicht findet man eine Möglichkeit, an der Kostenschraube zu drehen. Dabei gilt es auch, ganz auf die individuelle Situation zugeschnitten, das richtige Maß aus Notfallplan und grundsätzlichen Veränderungen zu finden.

Ralf Besser räumt ein: „Dieser Klärungsprozess ist kein Allheilmittel, die persönliche Kreativität ist nach wie vor gefragt. Jedoch schafft dieses Vorgehen die Möglichkeit, einmal aus der persönlichen Betroffenheit herauszukommen und die Situation distanzierter und sachlicher zu betrachten.“