Licht, das ins Auge fällt, ermöglicht das Sehen. Die Rezeptoren dafür sind Zapfen und Stäbchen. Darüber hinaus gibt es die sogenannten nichtvisuellen Lichtwirkungen. Ausgelöst werden diese durch einen erst kürzlich entdeckten Rezeptor: Weniger als ein Prozent der Ganglienzellen auf der Netzhaut sind ebenfalls lichtempfindlich. Sie werden vor allem durch Licht im blauen Bereich angeregt.
Das Licht ist für viele Bereiche der Natur wichtig. Vogelzug und Blütenbildung hängen mit der Dauer und Menge des Lichteinfalls zusammen. Auch in der industriellen Landwirtschaft werden die nichtvisuellen Wirkungen des Lichts längst genutzt: Mittels Kunstlicht wird der Tag für Legehennen so verlängert, dass sie – auch in der dunklen Jahreszeit – durchgängig Eier legen.
Zeitgeber
Laut Uhr hat der Tag 24 Stunden. In Bunkerversuchen konnte gezeigt werden, dass der menschliche Tag-Nacht-Rhythmus aber zwischen 23 und 26 Stundenlang ist. Wir müssen also kontinuierlich auf den 24-Stunden-Tag synchronisiert werden. Wichtige Zeitgeber hierfür sind der Sonnenauf- und -untergang. Aber auch das zur Mittagszeit hin zunehmende Tageslicht und die Dunkelheit in der Nacht sind für die Synchronisation bedeutsam.
Mithilfe von Licht können wir den24-Stunden-Rhythmus also stabilisieren. Licht zur falschen Zeit dagegen verschiebt unseren Rhythmus. Licht in der Nacht aktiviert uns. Kurzfristig kann das von Vorteil sein. Allerdings führt die aktivierende Wirkung auch dazu, dass sich unser Rhythmus verschiebt und das Einschlafen verzögert. Dadurch wird der Schlaf kürzer, weniger tief – und ist weniger erholsam.
Erholsamer Schlaf jedoch dient der Regeneration unseres Körpers und Geistes. Langfristig betrachtet kann also die zur Gesunderhaltung so wichtige Phase des regenerativen Schlafs gestört werden. In wissenschaftlichen Studien wurde nachgewiesen, dass mit
- viel Licht mit
- hohen Anteilen im blauen Bereich,
- das von großen Flächen ins Auge fällt,
unser Tag-Nacht-Rhythmus sogar um mehrere Stunden verschoben werden kann.
Wirkungen des Lichts
Morgens: natürliches Aufwachen mit zunehmendem Tageslicht; wer zu Zeiten ohne Tageslicht aufstehen muss, kann beispielsweise auch langsam durch einen Lichtwecker mit nachempfundenem Sonnenaufgang geweckt werden.
Vormittags: Viel Tageslicht gibt es an fensternahen Arbeitsplätzen, aber auch an Arbeitsplätzen mit Oberlichtern und vor allem im Freien.
Mittags: Spaziergang/Aufenthalt im Freien. Zusätzlich zu den Wirkungen des Lichts, das ins Auge fällt, dient es auf der Haut auch zur Bildung von Vitamin D. Eine kurzzeitige Besonnung fällt in Deutschland allerdings nur von Ende April bis Mitte September ins Gewicht, danach sind sehr viel längere Zeiten erforderlich.
Nachmittags: Vor allem Tageslicht ist bestimmend für die Synchronisation des individuellen Schlaf-wach-Rhythmus. Je mehr Licht ins Auge fällt, desto stabiler ist der individuelle Rhythmus, also die innere Uhr, eingestellt.
Zwei Stunden vor dem Schlafen: niedrige Beleuchtungsstärke am Auge mit warmer Lichtfarbe. Bei vielen elektronischen Medien sind Helligkeit und Farbe nachts einstellbar, z. B. durch Software wie f.Lux und nightshift.
Nachts: abgedunkelter Schlafraum; Mondlicht, Straßenbeleuchtung, Licht aus anderen Räumen und auch kleine, störende Lichtpunkte wie Stand-by-Lichter vermeiden; beim Gang auf die Toilette Aktivierung durch Licht am Auge vermeiden: Orientierungslicht mit niedriger Beleuchtungsstärke und warmer Lichtfarbe.
Jetlag
Dieses Phänomen lässt sich auch positiv nutzen, beispielsweise bei Reisen über mehrere Zeitzonen. Erste Flugzeuge wurden bereits mit veränderbarem Licht ausgestattet, um die Anpassung der Fluggäste an die neue Zeit zu erleichtern.
Der Reisende selbst kann die Anpassung ebenfalls unterstützen. Bei Flügen nach Osten, wo die Sonne früher aufgeht, kann er seinen Rhythmus nach vorne verschieben, indem er dafür sorgt, dass in der Früh viel Licht in sein Auge fällt. Am besten geht das mit einem längeren Spaziergang im Freien bei Tageslicht. Die zusätzliche Bewegung wirkt ebenfalls als Zeitgeber. Abends sollte man dann unnötiges Licht vermeiden, um zur richtigen Zeit einschlafen zu können.
Für die meisten Menschen ist es einfacher, ihren Rhythmus für Flüge in den Westen nach hinten zu verschieben. Um später müde zu werden, sollte abends deshalb möglichst viel Licht ins Auge fallen.
Empfehlung zur Lichtfarbe
In der Arbeitsstättenregel (ASR) A3.4 „Beleuchtung“ gibt es bislang keine Vorgaben für die Lichtfarbe. In Deutschlandwurde bis vor einigen Jahren überwiegend neutralweiß (Farbtemperatur 3.300 K – 5.300 K) verwendet. Für Sanitärbereiche ist warmweiß (< 3.300 K) sinnvoll, dadurch die hohen Anteile im roten Bereich u. a. die Hautfarbe sehr gut wiedergegeben wird. Tageslichtweiß (> 5.300 K) ist durch die hohen Anteile im blauen Bereich als Ergänzung zum Tageslicht ideal.
Vorsicht ist allerdings bei hohen Blauanteilen am Abend und in der Nacht geboten. Empfohlen wird, mit Lichtfarben unter 4.100 K zu arbeiten. Bei höheren Farbtemperaturen ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.
Wer eine neue Anlage installiert, hat heutzutage mehr Möglichkeiten, als nur auf die Lichtfarbe in der Nacht zu achten. So sind mittlerweile dimmbare Leuchten mit veränderbarer Lichtfarbe und Abstrahlcharakteristik am Markt verfügbar. Dadurch kann tagsüber mit
- maximaler Beleuchtungsstärke,
- hohen Blauanteilen und
- großen Flächen gearbeitet werden.
Ein indirekter Beleuchtungsanteil (nach oben strahlend) erhellt zusätzlich große Flächen im Deckenbereich. Sinnvoll sind helle Wände, damit viel Licht von großen Flächen in das Auge gelangen kann.
Bei fensternahen Arbeitsplätzen und der Möglichkeit, die Pausen im Freien zu verbringen, reicht das Tageslicht meist aus, um die gewünschten nichtvisuellen Lichtwirkungen zu erreichen.
Gegen Abend hin kann – angelehnt an den natürlichen Wechsel von Tag und Nacht – das Licht so langsam verändert werden, dass es der Nutzer kaum merkt.
Nachts: Spätestens zwei Stunden vor Schlafbeginn sollte man mit
- minimaler Beleuchtungsstärke,
- möglichst wenig Blauanteilen und
- mit Licht nur dort, wo es wirklich gebraucht wird,
auskommen. Letzteres kann durch einen engstrahlenden Direktanteil der Leuchten erreicht werden. Die bisher bekannten Gütemerkmale der Beleuchtung gelten natürlich weiterhin – und damit auch die Anforderungen aus der Arbeitsstättenregel (ASR) A 3.4. Hilfen bieten z. B. unser Tipp T 033 und die Prüfliste S 135.